Die Rosenberg-Papiere by Wittman Robert K.; Kinney David
Autor:Wittman, Robert K.; Kinney, David
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: d-Heyne HC
veröffentlicht: 2016-05-23T16:00:00+00:00
Kempner arbeitete die ersten Jahre des US-amerikanischen Exils in der Blanchard Hall der Universität von Pennsylvania in der Walnut Street.
(University of Pennsylvania)
15
Neuanfang
Bei der Ankunft in New York nach der langen Überfahrt von Boulogne-sur-Mer stiegen Robert und Ruth Kempner zunächst im Hotel Pennsylvania an der Seventh Avenue ab, direkt gegenüber dem Bahnhof Penn Station mit seinen weißen Säulen vor der klassizistischen Fassade. Sie bekamen Zimmer 1063. Ruth schickte sofort eine Ansichtskarte an Otto Reinemann, der ihnen geholfen hatte, die Schwierigkeiten der Einwanderung zu überwinden: Sie sei ganz überwältigt von der Reise, von Manhattan und vor allem von dem unglaublichen Glück, das sie gehabt hatten.501
In den Zeitungen hieß es, wenn sie nur eine Woche später gefahren wären, hätte der Kapitän nachts das Schiff verdunkeln lassen, um keine U-Boote auf sich aufmerksam zu machen. Die Holland-Amerika-Linie legte die Nieuw Amsterdam, auf der die Kempners übergesetzt waren, lieber vorläufig in New York still; die Überquerung des Atlantiks war zu riskant geworden. Freunde und Bekannte der Kempners, die noch in Deutschland oder Frankreich festsaßen, würden sich bald mit verzweifelten Briefen bei ihnen melden.
Ruths schon betagte Mutter hatte die Reise ebenso mitgemacht wie Kempners Geliebte Margot Lipton. Welchen Belastungen auch immer Kempners Seitensprung die Ehe ausgesetzt hatte – Ruth muss sich schließlich mit Margots Anwesenheit abgefunden haben. Sie sollte bei den Kempners mit einziehen. Ihre Eltern wurden bald darauf ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, wo sie umkamen; ihre Geschwister sollten überleben und sich schließlich in England beziehungsweise Israel niederlassen.502 Aber ihre wahre Familie waren für Margot bald die Kempners, und offensichtlich beruhte diese Zuneigung auf Gegenseitigkeit.
Vor der Abreise hatten die Kempners intensiv Englisch gelernt. Ansonsten waren sie so gut wie unvorbereitet auf ihre neue Heimat. Worauf es ankam, so Kempner später, war, dass sie es in ein »großes, reiches und politisch freies« Land geschafft hatten.503
Kempner wusste, dass er es als Neueinwanderer nicht leicht haben würde. Seinen früheren beruflichen und gesellschaftlichen Status in Berlin würde er nie wieder erlangen. In Preußen war er immerhin Oberregierungsrat gewesen, aber in Amerika war dieser Titel bedeutungslos. Auch sein detailliertes Fachwissen über das deutsche Rechtswesen und die deutsche Polizeiverwaltung half ihm in der völlig anders strukturierten angloamerikanischen Justiz natürlich nichts. Es half ihm auch nicht gerade, dass der erste Eindruck, den er vermittelte, oft ein wenig exzentrisch war. Einem Interviewer, der ihn für eine Studie über emigrierte Wissenschaftler in den 1940er-Jahren befragte, fiel auf, dass er »ziemlich unordentlich gekleidet« war und »zusammengesunken in seinem Stuhl saß«. Er starrte sein Gegenüber während des Gesprächs ununterbrochen an. »Einige seiner Behauptungen und die ganze Art seiner Antworten wirkten unaufrichtig«, schrieb der Befrager, »und mein Eindruck war der einer gestörten Persönlichkeit.«504
Zumindest aber hatte er einen Arbeitsplatz. So unsicher und schlecht bezahlt der Posten auch war, immerhin konnte er sich jetzt Research Associate (Forschungsassistent) am Institute of Local and State Government der University of Pennsylvania nennen. Anderen Einwanderern ging es da weit schlechter: Kempner wusste von Richtern, Geschäftsleuten und angesehenen Professoren, die als Tellerwäscher oder Buchhalter hatten arbeiten müssen.
Nicht jeder Emigrant wurde hofiert wie Albert Einstein, und
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