Die Rosen von Montevideo by Federico Carla

Die Rosen von Montevideo by Federico Carla

Autor:Federico, Carla [Federico, Carla]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-426-41794-2
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2013-05-08T00:00:00+00:00


Noch öfter ritten sie zum Fluss. Claire fühlte sich auf dem Pferderücken langsam wieder sicher, und zu Fuß war sie so schnell unterwegs wie früher. Das bedeutete allerdings, dass Luis sie kaum mehr an der Hand hielt, und sie vermisste diese körperliche Nähe schmerzlich und überlegte sich oft, wie sie ihn veranlassen könnte, sie zu berühren. Leider fiel ihr kein probates Mittel ein – bis es an einem Tag ganz leicht, ja selbstverständlich wurde, die Distanz zu überwinden.

Das Wetter war bis jetzt immer schön gewesen – nicht zu warm, nicht zu kalt –, doch während eines weiteren Ausritts zog ein Sturm auf, trieb erst Sand in ihr Gesicht und dann fast waagerecht Regentropfen. Innerhalb kürzester Zeit standen tiefe Pfützen auf dem Weg, und sie waren bis auf die Knochen durchnässt. Weit und breit war keine Gastwirtschaft zu sehen – nur eine winzige Scheune, in der sie hastig Zuflucht suchten.

Unter deren Dach waren sie vorm Regen geschützt, doch durch die Ritzen wehte weiterhin kalter Wind. Claire hatte noch gelacht, als das Unwetter aufgezogen war, und war von den dunklen Wolkentürmen, die sich am Himmel zusammenbrauten, fasziniert gewesen, nun jedoch zitterte sie am ganzen Leib.

Kurzentschlossen zog Luis sie an sich, um sie zu wärmen. Auch dicht an ihn gepresst, konnte sie nicht aufhören zu zittern – wenn auch nicht länger vor Kälte, sondern vor unterdrückter Erregung, ihm so nahe zu kommen. Eine Weile verharrte sie in seiner Umarmung und genoss sie einfach nur. Dann gestand sie unwillkürlich: »Ich bin so froh, dass du bei mir bist.«

Sie bemerkte, dass auch er erbebte. Er rang nach Worten, doch ehe er welche fand, hatte sie sich auf die Zehenspitzen gestellt und ihn auf die Wange geküsst, und als er nicht von ihr abrückte, sie lediglich verblüfft anstarrte, wurde sie noch mutiger und gab ihm einen zweiten Kuss – direkt auf den Mund.

Das Glück, das sie in diesem Augenblick empfand, fühlte sich ein wenig verboten an, gleich so, als würde sie auf einem Friedhof tanzen, aber sie konnte nicht anders, als den Kuss auszukosten.

Wie wunderbar es war, seine Lippen zu schmecken, die gar nicht so hart waren, wie sie oft anmuteten! Wie aufregend, seinen warmen Atem auf ihrem Gesicht zu fühlen! Welch ein Nervenkitzel, so lange ihre Lippen auf seine zu pressen, bis sie sich öffneten und ihre Münder verschmolzen!

Als sie sich voneinander lösten, war er hochrot im Gesicht – und seine Züge so weich und entspannt wie an jenem Morgen, als sie ihn im Schlaf betrachtet hatte. Und wenn sie es bisher noch geleugnet hatte, so schrie nun jede Faser ihres Körpers die Wahrheit: Ich liebe ihn. Ich liebe ihn so sehr. Ich will den Rest meines Lebens mit ihm zusammen sein.



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