Die Ritter der vierzig Inseln by Sergej Lukianenko

Die Ritter der vierzig Inseln by Sergej Lukianenko

Autor:Sergej Lukianenko
Die sprache: de
Format: mobi, epub
Herausgeber: PeP eBook
veröffentlicht: 2012-02-04T09:41:58+00:00


Dritter Teil Die ZerStörung

1

DER DESERTEUR

Am nächsten Morgen wurde ich von Janusch geweckt.

»Dima, aufstehen!«, rief er und rüttelte mich leicht an der Schulter. Seine Stimme fädelte gleichsam die bunten Fetzen meiner Träume einen nach dem anderen wie auf einer Schnur auf und zog mich daran allmählich aus dem Schlaf. »Dima, aufstehen!«

Blinzelnd setzte ich mich auf und betrachtete den Raum. Die Gastgeber hatten uns Jungen eine große Schlafkammer zur Verfügung gestellt, in der wir alle vier Platz fanden. Sie hatten das vermutlich deswegen getan, damit wir uns sicher fühlten und ruhig schlafen konnten. Die Franzosen von der Insel Nr. 4 gefielen mir immer besser.

»Schlafen die anderen noch?«, fragte ich.

»Ja«, sagte Janusch grinsend, »wie die Murmeltiere.«

Timur kauerte, in seine Decke gewickelt, dicht an der Wand und schnarchte leise in sein Kissen. Tom lag fast quer im Bett, einer seiner dünnen Arme hing auf den Boden herab. Von Zeit zu Zeit zuckten seine Finger von dem kalten Boden zurück, um sich dann langsam wieder zu strecken und erneut den Stein zu berühren.

»Aufstehen, ihr Faulpelze!«, krähte ich und schälte mich mit viel Überwindung aus der Decke.

Unsere Kammertür sah äußerst originell aus: In zwei dicken Stahlösen, die ursprünglich sicherlich für einen Riegel gedacht waren, steckte eines von Timurs Schwertern. Die Konstruktion war ziemlich einbruchsicher, denn erstaunlicherweise war das Schwert selbst für uns metallisch geblieben, als wüsste es um seine Bestimmung.

Während Tom und Timur grummelnd und gähnend aus ihren Betten krochen, ging ich zum Fenster hinüber. Gemessen an unserer Insel mit ihrem dürren Buschwerk und verbranntem Gras, war die Insel der Franzosen der reinste Urwald. Der Raum, in dem man uns untergebracht hatte, befand sich im obersten Stockwerk eines der Burgtürme, dennoch war der Blick aus dem Fenster durch riesige Bäume verstellt. Als ich vorsichtig die Läden öffnete, sank ein biegsamer grüner Zweig auf das Fensterbrett herab. Durch seine Blätter hindurch schimmerte das Meer.

»Mann, was die hier für eine frische Luft haben«, hörte ich hinter mir Timur sagen. »Wir sollten sie fragen, ob sie uns nicht ein paar Kubikmeter davon abgeben.«

»Gute Idee«, pflichtete ich ihm bei. »Wir stecken sie in einen großen Sack und nehmen sie mit.«

Über eine Wendeltreppe, die sich wie ein Bohrer durch den gesamten Turm wand, stiegen wir zum Hauptgebäude hinunter. Die Treppe war so eng, dass wir geduckt und hintereinander gehen mussten. Und es fiel nur wenig Licht durch die schmalen Schießscharten. Timur, der sich vorneweg durchs Dunkel tastete, blieb mit seinen sperrigen Schwertern ständig an Mauervorsprüngen hängen und kommentierte diese belanglosen Pannen mit unsäglichen Flüchen.

Was wohl aus Timur geworden wäre, wenn … Oder besser gesagt, was würde wohl aus seinem Doppelgänger auf der Erde werden? Womit war er wohl gerade beschäftigt?

Und womit war ich selbst wohl gerade beschäftigt? Als ich mir diese Frage stellte, biss ich mir unwillkürlich auf die Lippe.

Am Ende der Treppe angekommen, gelangten wir in einen hellen Gang, der zum Speisesaal führte. Es war nicht besonders schwierig, sich in der fremden Burg zu orientieren, da sie zwar in vielen Details von der unseren abwich, aber im Wesentlichen doch sehr ähnlich aufgebaut war.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.