Die Regimentstante - Band II by Nataly von Eschstruth

Die Regimentstante - Band II by Nataly von Eschstruth

Autor:Nataly von Eschstruth [Eschstruth, Nataly von]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Saga
veröffentlicht: 2016-06-16T00:00:00+00:00


XXII.

Es war elf Uhr geworden.

Man hatte sich redlich gelangweilt, und das drückte sich am deutlichsten in dem hochmütigen Gesicht Felicias aus, welche ihre Entrüstung kaum hatte bemeistern können, als beide Wieders die Gesellschafterin Wilhelmine ebenso liebenswürdig wie dringend aufgefordert hatten, in den Salons zu verweilen.

Das junge Mädchen hatte ängstlich fragend und recht betroffen auf ihre strenge Herrin geblickt, Frau von Jegenstorff drehte ihr jedoch ostensibel den Rücken und beschränkte sich darauf, ihre tiefe Missbilligung durch starres Schweigen auszudrücken.

Eberhard aber erklärte sehr bestimmt und heiter: „Ich freue mich ja so sehr, einmal die Tochter meines lieben, verehrten Freundes im Hause zu haben, dass ich Sie dringend bitte, uns ein jedes Stündchen Ihrer freien Zeit zum Plaudern zu schenken!“

„Dein Bruder macht ja die Person ganz verrückt durch seine Höflichkeit, liebe Therese!“ stiess Felicia zischend durch die Zähne, als Resi den Arm um sie legte und sie neben sich auf ein Sofa niederzog. „Wie soll ich ihr die Arroganz, welche sie sich jetzt neuerdings anmasst, wieder austreiben?“

„Aber ich bitte dich, Felicia, was nennst du Verwöhnung? Eine Gesellschafterin, eine Dame aus guter Familie, auch wenn sie nicht von Adel wäre — gehört stets zu der Familie in den Salon! Das ist der ganzen Welt Sitte, und hier kenne ich verschiedene, sehr reizende Gesellschaftsdamen, welche vollständig in der Gesellschaft verkehren! Du behandelst aber Fräulein von Hitzkirch ausnahmsweise streng, nicht wie eine Dame, sondern wie eine Dienerin.“

— „Weil sie es auch ist. Zwischen bezahlten Personen gibt es für mich keinen Unterschied!“ fuhr die schöne Witwe sehr schroff auf. „Dies ist mein Standpunkt, auf welchem ich jetzt und immer stehen werde!“

Eberhard war an das Klavier getreten. „Sind Sie musikalisch, gnädigste Cousine? Spielen oder singen Sie? Ich liebe Musik über alles — namentlich Gesang —! Thun Sie mir den Gefallen, und schenken Sie uns ein Lied!“

Felicia rümpfte die Nase. „Nein, lieber Vetter, ich habe es gottlob nie nötig gehabt, mich mit solch brotlosen Künsten abzugeben! Wenn ich Musik hören will, kommandiere ich mir jemand an den Flügel!“

„Ah — sicher Fräulein Wilhelmine! Nicht wahr, Sie singen, meine Gnädigste?“

„Ich musste es lernen um meines Berufes willen!“ antwortete das junge Mädchen leise und bescheiden.

Felicias Augen schillerten. „Ich habe Migräne von der Reise!“ rief sie beinahe heftig, und ein drohender Blick flammte zu Fräulein von Hitzkirch hinüber. Eberhard aber öffnete gelassen das Instrument.

„Mir zuliebe gestatten Sie schon ein kleines Lied, teuerste Cousine!“ bat er. „Bedenken Sie, wie selten ich die Freude habe, Musik zu hören, und wie entzückend es die Frauen kleidet, Märtyrerinnen ihrer Liebenswürdigkeit zu sein!“

Wieder fiel der Blick der schönen Witwe auf das Gemälde von Schloss Wiedershagen; sie krampfte voll jäher Selbstüberwindung die Hände zusammen und lehnte den Kopf mit müdem Lächeln zurück. „Wenn es Ihnen Freude bereiten kann, sich auf Kosten anderer zu amüsieren, lieber Vetter ... Ihnen zu Gefallen — nur darum erdulde ich es!“

Er küsste galant die kleine Hand, welche sie ihm entgegenbot, während Resi eifrig grosse Notenstösse von der Etagère nahm.

„Danke sehr, gnädiges Fräulein!“ wehrte Wilhelmine heiter ab. „Mein bescheidenes Repertoir trage ich im Kopf mit herum.



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