Die Raeuber by Friedrich Schiller

Die Raeuber by Friedrich Schiller

Autor:Friedrich Schiller [Schiller, Friedrich]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 3104018138
Herausgeber: Fischer E-Books
veröffentlicht: 2011-12-19T23:00:00+00:00


Vierter Akt

Erste Szene

Ländliche Gegend um das Moorische Schloss.

Räuber Moor, Kosinsky in der Ferne.

MOOR

Geh voran, und melde mich. Du weißt doch noch alles, was du sprechen musst?

KOSINSKY

Ihr seid der Graf von Brand, kommt aus Mecklenburg, ich Euer Reutknecht – sorgt nicht, ich will meine Rolle schon spielen, lebt wohl! (Ab.)

MOOR

Sei mir gegrüßt, Vaterlandserde! (Er küsst die Erde.) Vaterlandshimmel! Vaterlandssonne! – und Fluren und Hügel und Ströme und Wälder! seid alle, alle mir herzlich gegrüßt! – wie so köstlich wehet die Luft von meinen Heimatgebürgen! wie strömt balsamische Wonne aus euch dem armen Flüchtling entgegen! – Elysium! dichterische Welt! Halt ein Moor! dein Fuß wandelt in einem heiligen Tempel. (Er kommt näher.) Sieh da auch die Schwalbennester im Schlosshof – auch das Gartentürchen! – und diese Ecke am Zaun, wo du so oft den Fanger belauschtest und necktest – und dort unten das Wiesental, wo du, der Held Alexander, deine Mazedonier ins Treffen bei Arbela führtest, und nebendran der grasigte Hügel, von welchem du den persischen Satrapen niederwarfst – und deine siegende Fahne flatterte hoch! (Er lächelt.) Die goldne Maienjahre der Knabenzeit leben wieder auf in der Seele des Elenden – da warst du so glücklich, warst so ganz, so wolkenlos heiter – und nun – da liegen die Trümmer deiner Entwürfe! Hier solltest du wandeln dereinst, ein großer, stattlicher, gepriesener Mann – hier dein Knabenleben in Amalias blühenden Kindern zum zweiten Mal leben – hier! hier der Abgott deines Volks – aber der böse Feind schmollte darzu! (Er fährt auf.) Warum bin ich hiehergekommen? dass mir’s ginge wie dem Gefangenen, den der klirrende Eisenring aus Träumen der Freiheit aufjagt – nein, ich gehe in mein Elend zurück! – der Gefangene hatte das Licht vergessen, aber der Traum der Freiheit fuhr über ihm wie ein Blitz in die Nacht, der sie finsterer zurücklässt – Lebt wohl, ihr Vaterlandstäler! einst saht ihr den Knaben Karl, und der Knabe Karl war ein glücklicher Knabe – itzt saht ihr den Mann, und er war in Verzweiflung. (Er dreht sich schnell nach dem äußersten Ende der Gegend, allwo er plötzlich stille steht und nach dem Schloss mit Wehmut herüberblickt.) Sie nicht sehen, nicht einen Blick? – und nur eine Mauer gewesen zwischen mir und Amalia – Nein! sehen muss ich sie – muss ich ihn – es soll mich zermalmen! (Er kehrt um.) Vater! Vater! dein Sohn naht – weg mit dir, schwarzes, rauchendes Blut! weg, hohler, grasser, zuckender Todesblick! Nur diese Stunde lass mir frei – Amalia! Vater! dein Karl naht! (Er geht schnell auf das Schloss zu.) Quäle mich, wenn der Tag erwacht, lass nicht ab von mir, wenn die Nacht kommt – quäle mich in schröcklichen Träumen! nur vergifte mir diese einzige Wollust nicht! (Er steht an der Pforte.) Wie wird mir? was ist das, Moor? Sei ein Mann! – – Todesschauer – Schreckenahndung – – (Er geht hinein.)



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