Die Quellen der Malicorn: Roman by Ju Honisch

Die Quellen der Malicorn: Roman by Ju Honisch

Autor:Ju Honisch [Honisch, Ju]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Fiction, Fantasy, General
ISBN: 9783641100308
Google: TQ5BAAAAQBAJ
Amazon: B00E7PVX78
Herausgeber: Heyne Verlag
veröffentlicht: 2013-09-05T22:00:00+00:00


Kapitel 50

Im Korridor war es still geworden. Kanura, der nicht länger warten wollte, linste vorsichtig durch den Türspalt. Dann öffnete er die Tür ganz und sah sich um.

Von Kentauren oder Einhörnern fehlte jede Spur, an der gegenüberliegenden Seite des Gangs kauerte jedoch ein kraushaariges, rundes Wesen. Es sah aus wie ein zitternder Ball und reichte ihm etwa bis zu den Knien. Das war also ein Pelzschrat.

Zunächst konnte Kanura nicht feststellen, wo bei der Kreatur vorne oder hinten war. Dann öffnete es ein breites, spitzzahniges Maul und stöhnte.

Kanura kniete sich neben das Wesen. Der Boden unter ihm war feucht, die Flüssigkeit dunkel. Sie sah nicht wirklich aus wie Blut, war grau und nicht rot, Kanura hatte aber keine Zweifel, dass die Kreatur verletzt war. Sie wirkte eher hilflos als gefährlich. Vor diesem erbarmungswürdigen Wesen waren er und Una davongelaufen? Vielleicht nicht ohne Grund.

»Wer bist du?«, fragte Kanura leise.

»Diener«, flüsterte das Wesen. Kanura verstand, dass seine Bestimmung der einzige Name war, den es hatte. Das sollte so nicht sein.

»Wem dienst du?«, fragte er weiter.

»IHR«, flüsterte das Wesen angestrengt, »der alle dienen.«

»Ich diene IHR nicht«, widersprach Kanura.

»Niemand lebt, der IHR nicht dient.«

Es schien die Kreatur sehr viel Kraft zu kosten, so viele Worte zu machen. Doch Kanura benötigte Antworten.

»Wer ist SIE?«

»SIE, die singt. Der Weg nach innen und nach außen. Ziel und Plan. Hat uns alle geschaffen, wir fallen für SIE.« Der Pelzball hatte nicht genug Energie, das Ganze in einem Singsang von sich zu geben, doch es klang so, als würde er das wollen.

»Was will SIE?«, fragte Kanura, der nicht so recht wusste, was er mit der Information anfangen sollte.

»SIE ist der Wille von allen.«

»Ist SIE nicht. Ganz bestimmt ist SIE nicht mein Wille. Mein Wille … ist mein.«

Der Pelzschrat schwieg eine Weile. Vielleicht konnte er mit dem Konzept des freien Willens nichts anfangen.

»Was wolltest du von uns?«, bohrte Kanura weiter. »Oder war es Zufall, dass du uns hinterherkamst? Und wenn du dich hier auskennst – wie gelangt man von hier fort? Und wer außer dir und den Kentauren lebt hier?«

Wieder sagte das verwundete Wesen nichts, röchelte nur schmerzerfüllt. Kanura hätte ihm gerne geholfen, doch er wusste nicht wie. Auch widerstrebte es ihm, das Wesen zu berühren. Seine Schläfe brannte allein beim Gedanken daran. Er hörte auf diesen Rest Instinkt, der ihm seit dem Verlust seines Horns noch geblieben war.

»Warum bist du uns gefolgt?«, wiederholte er seine Frage.

»IHR Diener«, seufzte das Wesen.

»Deine Meisterin hat dich nach uns ausgeschickt? Wozu?«

»Kein Wozu.«

Hieß das, das Geschöpf wusste es nicht? Oder wollte es nicht preisgeben?

»Dann: woher? Woher bist du gekommen?«

»Von IHR.«

»Und wo ist SIE?«

»Hier und dort. Etwas hier … viel dort.«

Es war zum Verzweifeln; dunkle Rätsel, auf die Kanura überhaupt keine Lust hatte.

»Wer zum Verdung ist SIE?« Das hatte er schon einmal gefragt und war doch nicht schlauer geworden.

»SIE ist viele. SIE ist alle.«

Kanura hatte kryptische Andeutungen – seien sie in alten Balladen verborgen oder von den Schanchoyi zitiert – noch nie gemocht. Man hatte ihm versichert, dass sich mit zunehmendem Alter die künstlerische Wertschätzung dazu



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