Die Pforten der Ewigkeit - Historischer Roman by Richard Duebell

Die Pforten der Ewigkeit - Historischer Roman by Richard Duebell

Autor:Richard Duebell
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Verlagsgruppe Luebbe GmbH Co KG
veröffentlicht: 2010-11-24T00:00:00+00:00


20.

WIZINSTEN

Elsbeth folgte dem Zug hinauf zum Steinbruch auf tauben Beinen. Reinhild und Adelheid hatten alle Schwestern aus dem Kloster geholt, und die Nonnen hatten ihre diaconissa in die Mitte genommen. Elsbeth war sich der besorgten Seitenblicke bewusst, die sie ihr zuwarfen, doch sie konnte nicht darauf reagieren. Wilbrand hatte sie verraten! Er hatte beschlossen, dass er seine Pläne eher mit dem Geld der Zisterzienser aus Ebra verwirklichen konnte als mit Elsbeths Träumen. Er hatte sie verkauft.

Wenn Rogers in der Nähe gewesen wäre, wäre sie schluchzend in seinen Armen zusammengebrochen. Aber Rogers hatte sich mit Walter unter die Arbeiter und Bürger gemischt, die die zum See hinaufstrebende Gruppe aus Mönchen, Stadträten, einem hochstapelnden Johanniter, einem verräterischen Baumeister und einem Haufen Zisterziensernonnen ohne Zukunft zu einer Prozession verlängerten. Sie durfte sich nicht nach ihm umdrehen, schon gar nicht, weil sie ahnte, dass sein Anblick ihr die Kraft genommen hätte, Haltung zu bewahren. Weiter vorne schritt der Zisterziensermönch beseelt aus, flankiert von Wilbrand und Godefroy, auf die er abwechselnd einredete. Sie fragte sich, welche Miene Godefroy zog und ob er sich dafür verfluchte, ihr mit der Maskerade zu Hilfe geeilt zu sein. Sie zweifelte keine Sekunde, dass er, Walter und Rogers sich Godefroys Auftreten auf die Schnelle ausgedacht hatten. Eine so heiße Welle aus Liebe für Rogers und Zuneigung für die beiden anderen schoss in ihr empor, dass sie die Tränen mit Gewalt unterdrücken musste. Diese Menschen waren ihr beigestanden: ein abtrünniger Johanniter, ein gleichgültiger Engländer und ein Ketzer! Alle anderen hatten sie verraten oder waren, im Fall ihrer Nonnen, ein verwirrtes, verängstigtes Häuflein, das von ihr Trost erwartete, statt welchen zu geben.

Sie erreichten den See und stellten sich an seinem Ufer auf. Der Zisterzienser stemmte die Hände in die Hüften und musterte den Steinbruch mit der Miene eines Herzogs, der sein neues Lehen in Augenschein nimmt. Sein Gesicht zog sich immer mehr in die Länge.

»Wie soll man denn hier Stein abbauen?«, fragte er laut. »Das fällt ja alles in den See!«

»Ach, das ist nicht so schwer«, sagte Wilbrand.

»Was? Aber …«

»Seht selbst, Bruder!« Wilbrand deutete auf die Stelle, an der die Wunde des Felsrutsches deutlich im Hang zu sehen war. »Wir haben es ja auch geschafft.«

»Das sehe ich«, schnappte der Mönch. »Aber wie!?«

Elsbeth folgte der Unterhaltung vollkommen fassungslos. Um sie herum erklang das Wispern ihrer Nonnen. Sie sah die Stadträte sich ratlose Blicke zuwerfen. Wolfram Holzschuher holte Luft, zweifellos um einzuwenden, dass es hier lediglich ein Unglück gegeben hatte, aber plötzlich stand Walter an seiner Seite. Der Stadtrat knickte ein, als sei ihm etwas auf die Füße gefallen, und Walter, die Fürsorge in Person, nahm ihn um die Schultern und führte den Ächzenden beiseite. Sie sah Rogers bei einem der anderen Stadträte stehen. Es wirkte wie eine brüderliche Geste zwischen Arbeiter und Patrizier, dass Rogers ihm eine Hand an den Oberarm gelegt hatte, doch dann bemerkte Elsbeth die Röte im Gesicht des Mannes und dass Rogers’ Knöchel weiß waren, so fest drückte er zusammen. Was wurde hier gespielt? Aus dem Augenwinkel erblickte sie Constantia, wie immer abseitsstehend.



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