Die Napoleon-Saga 01 - Schlacht und Blut by Scarrow Simon
Autor:Scarrow, Simon
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3453471726
Herausgeber: d-Heyne TB
veröffentlicht: 2019-03-06T16:00:00+00:00
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Binnen weniger Wochen war Napoleon in die Routine des Militärlebens zurückgefallen. Die langen Monate in Paris, in denen er kaum etwas zu tun gehabt hatte, waren bedrückend für ihn gewesen, und er stürzte sich mit Freuden in die praktische Wissenschaft des Artilleriewesens. Kurz nach seiner Rückkehr in den Dienst war er der Artillerieschule zugeteilt worden, einem kleinen Gebäude ein Stück abseits der Kaserne, wo General du Tiel und sein kleiner Stab Studien zur neuesten Technik anstellten und über die beste Methode zur Entwicklung des taktischen Artillerieeinsatzes theoretisierten.
Napoleon oblag es, die praktischen Erprobungen zu organisieren. Das hieß, er hatte die Kanonen auf dem Schießplatz vorzubereiten und sicherzustellen, dass die Größe der eingesetzten Ladungen und Kugeln möglichst einheitlich ausfiel. Er durfte sich die Kanoniere aussuchen und wählte persönlich die besten Stücke im Geschützpark aus. Im Lauf der Monate entwickelte Napoleon ein gründliches Verständnis für das Potenzial der ihm zur Verfügung stehenden Kanonen und wusste genau, welchen Schaden sie anrichten konnten.
Bis Herbst hatte sein wachsender Sachverstand in Artilleriefragen den General so beeindruckt, dass er dem jungen Leutnant erlaubte, die offiziellen Berichte zu den Experimenten der Schule zu verfassen. Napoleon arbeitete bis spät in die Nacht bei Kerzenlicht daran, vollkommen in Anspruch genommen von seinem Gegenstand. Wenn er nicht an den Berichten arbeitete, kehrte er mit Büchern und technischen Handbüchern, die er sich in der Bibliothek der Artillerieschule geliehen hatte, in seine Unterkunft zurück. Dann saß er lesend an seinem kleinen Schreibtisch, fertigte Notizen dazu an und erweiterte stetig seine Kenntnisse. Gleichzeitig las er viele der politischen Pamphlete, die ihren Weg in die Buchläden und Bibliotheken von Auxonne gefunden hatten. Unter den Einheimischen herrschte greifbare Erregung, als der Termin für die Eröffnung des Parlaments auf den 5. Mai des kommenden Jahres festgelegt wurde, und Napoleon hörte selbst Soldaten in der Kaserne darüber reden, was sich für das französische Volk erreichen ließe, wenn nur der König und die privilegierten Stände auf die Klagen der Abgeordneten hören würden, die das gemeine Volk repräsentierten. Da nun so viel auf dem Spiel stand – wie konnte der König das Leiden der überwältigenden Mehrheit seines Volkes ignorieren? Genau wie die Stadtbewohner waren die Soldaten voller Hoffnung, und Napoleon spürte wie sie, dass das Schicksal auf der Seite der Unterdrückten stand. Nur ein Narr würde nicht auf die vernünftigen Forderungen nach einer gerechteren Verfassung eingehen, die aus allen Ecken des Landes erhoben wurden. Napoleon hoffte, dass irgendwie bei all den Reformen, die möglicherweise in Kraft traten, auch seiner Familie Gerechtigkeit widerfuhr. Eine Entschädigung für den Vertrag, den die Regierung nicht eingehalten hatte. Ebendas schrieb er seiner Mutter in einem Brief, in welchem er erklärte, warum er nicht nach Korsika zurückgekommen war.
Waren die Menschen in Auxonne und viele der Soldaten in der Kaserne in Gedanken bei dem bevorstehenden Parlament, so ließ sich dasselbe von den meisten Offizieren nicht behaupten. Sie zechten und hurten unbekümmert weiter und nahmen an den Jagden und Bällen teil, die der Adel in der Region veranstaltete. Da sich Napoleon von den meisten Offizieren fernhielt, erhielt er immer weniger Einladungen zu solchen Ereignissen.
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