Die Menschen, die es nicht verdienen by Michael Hjorth & Hans Rosenfeldt

Die Menschen, die es nicht verdienen by Michael Hjorth & Hans Rosenfeldt

Autor:Michael Hjorth & Hans Rosenfeldt [Hjorth, Michael]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Kriminalroman
ISBN: 9783644221116
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2015-10-29T16:00:00+00:00


Die Verstärkung, die Vanja angefordert hatte, stand schon bereit und erwartete sie in einem Zivilfahrzeug, einem Saab, als sie am Bäckvägen 43 eintraf, einem senfgelben Mehrfamilienhaus mit drei Stockwerken.

«Nach wem suchen wir?», fragte die Polizistin, nachdem sie einander begrüßt hatten.

«Nach einem Mann namens Christian Saurunas, wir wollen ihn befragen», antwortete Vanja.

«Ist das der Dokusoap-Fall?»

Vanja nickte. «Aber kein Wort darüber!», mahnte sie.

«Schon klar», antwortete da der jüngere Kollege und blickte unglaublich wissend drein.

Mit dem Türcode, den Vanja zuvor angefordert hatte, verschafften sie sich Zutritt zu dem Haus. Es dauerte einige Sekunden, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit im Treppenhaus gewöhnt hatten, weil sie aus der Sonne kamen. Saurunas wohnte im zweiten Stock, und Vanja stapfte den anderen voran die Treppe hinauf. Oben angekommen, fanden sie die Tür mit dem richtigen Namensschild. Vanja klingelte mehrmals. Dann wartete sie einige Minuten. Legte das Ohr an die Tür, um zu horchen, ob sich jemand dort drinnen bewegte, konnte aber nichts hören. Sie wandte sich zu den anderen.

«Ans Handy geht er auch nicht», erklärte sie mit gedämpfter Stimme. «Wir klopfen mal bei den Nachbarn, ob ihn jemand gesehen hat. Aber wie gesagt: Wir wollen nur mit ihm reden.»

Die Polizisten nickten.

«Sie nehmen die anderen Etagen, und ich fange hier an», fuhr Vanja fort, ging zur benachbarten Tür und klingelte. Ihr wurde von einer älteren Dame in einem schlichten Kleid und mit hochgestecktem grauem Haar geöffnet. Wachsame, neugierige Augen musterten Vanja, als sie ihre Polizeimarke gezeigt hatte.

«Guten Tag, mein Name ist Vanja Lithner. Ich komme von der Polizei und hätte ein paar Fragen zu Ihrem Nachbarn Christian Saurunas», sagte sie freundlich.

Die Frau reagierte so wie nahezu alle Menschen in dieser Situation – in erster Linie interessiert. Es war irgendwie aufregend, wenn die Polizei klingelte. Vanja hörte, wie ein Stockwerk darüber ebenfalls eine Tür geöffnet wurde und eine ähnliche Konversation begann.

«Was ist passiert?», fragte die Frau.

«Wir wollten nur mit ihm sprechen», antwortete Vanja und fand es sympathisch, dass die Frau erst einmal fragte, was passiert sei, und nicht, was Saurunas angestellt habe. «Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?»

Die Frau überlegte eine Zeitlang, ehe sie antwortete: «Das ist schon ein paar Wochen her, glaube ich. Warten Sie mal.» Sie drehte sich um und rief in die Wohnung. «Karl, wann hast du unseren Nachbarn zum letzten Mal gesehen?»

«Welchen?»

«Den von nebenan mit dem komischen Namen.»

Vanja zog den Schluss, dass sie den Nachbarn nicht oft sahen, wenn sie nicht einmal seinen Namen wussten. Aber so war es. Man konnte jahrelang Tür an Tür leben, ohne ein einziges Wort miteinander zu wechseln. Vanja unterhielt sich auch fast nie mit ihren Nachbarn und kannte ihre Vornamen nicht, weil sie nicht auf dem Türschild standen.

«Ich weiß es nicht», antwortete eine raue Männerstimme aus dem Inneren der Wohnung.

Vanja hörte, wie sich jemand bewegte, und nach einer Weile tauchte eine graue Gestalt im Morgenmantel auf. Ein alter Mann, der sich auf eine Krücke stützte und offenbar Schmerzen beim Gehen hatte.

«Wer will das wissen?», fragte er, als er Vanja erblickte.

«Die Polizei.» Vanja sah, wie der Mann erstaunt stehen blieb und sofort ernst wurde.



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