Die Marionette by Larry Collins

Die Marionette by Larry Collins

Autor:Larry Collins
Die sprache: deu
Format: epub


»Ist es auch. Dieser Zylinder«, Aristide deutete auf eine kleine Trommel, »wird mit einer Schnur verbunden, die Schnur wiederum am Überbrückungskabel befestigt. Der Motor hängt am Starkstromkabel, und sobald die Trommel sich dreht, zieht die Schnur das Überbrückungskabel näher und näher an die Leitung zur Batterie heran, bis es diese berührt. So einfach ist das. Je nach dem gewählten Abstand wird dieser Vorgang fünf Minuten oder auch länger dauern. Sie brauchen also zur gegebenen Zeit weiter nichts zu tun, als die Schnur am Überbrückungskabel zu befestigen, den Motor anzustellen und abzuhauen. Ich habe für Sie ein Versteck vorbereitet, in dem Sie bleiben können, bis die Alliierten Calais genommen haben. Denn kommen werden sie mit absoluter Gewißheit, deshalb möchten sie ja auch, daß die Batterie ihnen keinen Strich durch die Rechnung macht.« Er lächelte Paraud an. »Wie alt sind Sie jetzt? 54, nicht wahr?«

Paraud war überrascht, wie genau der andere sein Alter schätzte, denn er hielt das für eine Schätzung.

»Wenn Sie dies überleben, und davon dürfen wir mal ausgehen, haben Sie noch sechzehn Jahre vor sich, um ins biblische Alter zu gelangen. Und in diesen sechzehn Jahren können Sie sich hier in Calais an Ihrem Heldenruhm sonnen. Sie werden der Siebente Bürger werden.« Damit spielte er auf die legendären sechs Bürger von Calais an, die ihr Leben für das ihrer Mitbürger während der Belagerung durch die Engländer im 14. Jahrhundert zum Pfand gesetzt hatten. »Denken Sie mal daran. Künftig werden Sie am Bastilletag neben dem Bürgermeister stehen und die Parade abnehmen. Nach Ihrem Tod wird man eine Straße nach Ihnen benennen. Was ich Ihnen biete, lieber Freund, ist die Chance, unsterblich zu werden.«

Paraud lachte, und das überraschte Aristide, dem an dem kleinen Mann bislang ein Sinn für Humor nicht aufgefallen war. »Mir kommt es eher so vor, als würden Sie meine Sterblichkeit drastisch beschleunigen. Ich wollte, ich hätte Sie nie getroffen.«

»Das haben Sie aber.«

»Stimmt.« Der kleine Mann schien noch zu schrumpfen und sichtlich zu altern. »Da bleibt mir denn wohl keine Wahl«, sagte er resigniert.

»Nein, die bleibt Ihnen nicht.« Aristides unfrohes, halb unterdrücktes Lachen klang wie das Rascheln von trockenem Laub.

Am Vormittag des 30. April erhielt der Besitzer einer rosarot gestrichenen Villa in den Anlagen von Lapa unweit des Spielkasinos von L'Estoril, einem Badeort außerhalb von Lissabon, Besuch von zwei Herren. Er sah keine Ursache, sich dieser Besucher wegen zu beunruhigen. Sie waren in einem Mercedes vorgefahren, der der deutschen diplomatischen Vertretung in Lissabon gehörte, und kamen im Auftrag von SS-Oberführer Schellenberg vom Auslands-SD, dem Amt VI des Reichssicherheitshauptamtes, das auf Weisung von Himmler das Erbe der deutschen Abwehr übernommen hatte. Daß sie John Jepsen einen Besuch abzustatten wünschten, war durchaus verständlich, denn Jep-sen gehörte zu den geschätzten Agenten der Abwehr und hatte soeben erst das Kriegsverdienstkreuz I. Klasse verliehen bekommen, als derzeit einziger in Lissabon. Unbemerkt von Jepsen ließ einer der Besucher eine weiße Pille in seine Teetasse gleiten, und als Jepsen das Bewußtsein verlor, gaben ihm die Herren noch eine Injektion. Den Bewußtlosen verluden sie in den Kofferraum des Mercedes, schafften ihn nach Madrid, luden ihn hier um und fuhren nach Biarritz.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.