Die Liebenden vom Place d'Arezzo. Roman by Eric-Emmanuel Schmitt

Die Liebenden vom Place d'Arezzo. Roman by Eric-Emmanuel Schmitt

Autor:Eric-Emmanuel Schmitt [Schmitt, Eric-Emmanuel]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783104031682
Herausgeber: FISCHER E-Books
veröffentlicht: 2015-09-27T22:00:00+00:00


Vier Stunden lang hatte sie damit zu tun, alles, was Dany zerstört hatte, wegzuschmeißen und die Dinge, die bei dem Massaker verschont geblieben waren, wieder an ihren Platz zu stellen. Je mehr Spuren der Gewalt sie beseitigte, umso besser fühlte sie sich. Sie versuchte nicht, den Grund für die Krise herauszufinden. Dany war einfach ein »Psychopath«. Sie hatte es also mit einem Psychopathen zu tun. Das bedeutete, »In die Wüste schicken und in Zukunft meiden«, das bedeutete auch: »sinnlos, zu analysieren, weil man es sowieso nicht nachvollziehen kann«. Er bekam einen Platz in der Galerie der Monster, neben Hitler, Dschingis Khan, Stalin und Mehdi Martin, dem Serienmörder, den Dany als Anwalt verteidigt hatte – kein Wunder, gleich und gleich gesellt sich gern!

Ihre Geschichte mit Dany war zu Ende. Umso besser. Es fing an, sie zu ermüden … Sicher, es machte Spaß, stundenlang leidenschaftlichen Sex zu haben, in achtzehntausend unterschiedlichen Positionen. Aber die Wiederholung ermüdete sie. Ebenso störend war, dass sie es so sehr übertrieben hatten, dass sie sich bereits zwei Scheidenentzündungen eingefangen hatte. Beim ersten Mal hatte sie es noch irgendwie schmeichelhaft gefunden, so als hätte sie auf dem Schlachtfeld das Verdienstkreuz erhalten: Die Irritation ihrer Schleimhäute war einer Trophäe gleichgekommen, einem Beweis dafür, dass sie sich auf dem Feld der Liebe tapfer geschlagen hatte. Die nötige Enthaltsamkeit aber hatte ihr Leben ein paar Tage lang kompliziert werden lassen, denn wenn Dany und sie sich nicht aufeinanderstürzen konnten, hatten sie Lust, einander zu beißen. Deshalb hatte sie bei der zweiten Vaginitis beschlossen, vorsichtshalber zu ihrer Mutter zu fahren. Als sie die Glassplitter aufsaugte, die in den Rillen des Parkettbodens lagen, wurde ihr bewusst, dass sie ihre Gesundheit aufs Spiel gesetzt hatte. Und was die Swingerclubs anging, so hatte sie daran auch nur kurz Gefallen gefunden. Das war im Übrigen schon immer ihr Problem gewesen: Sie hatte neue Menschen und Aktivitäten schnell wieder satt.

Als sie hörte, wie jemand am Schloss herumhantierte, zuckte sie zusammen. Ein Schatten schob sich in den Flur. Dany stand wieder vor ihr. Sie erstarrte.

»Verzeih mir«, sagte er leise.

Sie reagierte nicht.

»Faustina, verzeih mir. Meine Wut hat sich nicht gegen dich gerichtet, du musstest nur für die anderen herhalten.«

»Welche anderen?«

»Die, die nichts als einen dunkelhäutigen Menschen in mir sehen.«

Ein lange anhaltendes Schweigen schien einen fragilen Frieden anzukünden. Faustina spürte, dass Dany es ehrlich meinte: Er litt, er schämte sich.

Sie fragte sich, ob sie ebenfalls litt, und stellte fest, dass sie sich vor allem enerviert fühlte, weil sie vier Stunden lang hatte aufräumen müssen.

»Ich flehe dich an, Faustina, verzeih mir. Ich ersetze dir alles, was ich kaputtgemacht habe. Ich kaufe dir, was du willst. Bitte …«

Sie betrachtete seine vollen, roten Lippen, seine feinen Züge, die straffe Haut, sein Auge, in dem das Weiße besonders hell leuchtete. Eine mächtige Welle stieg in ihr hoch, die sie als Verzeihen interpretierte und die mit Sicherheit Begehren enthielt. Sie breitete die Arme aus. Sogleich warf er sich hinein.

Hauptsache, er weint nicht. Ich hasse es, wenn Männer heulen.

Sie kicherte: Danys geschickte Finger versuchten bereits, ihr den Rock herunterzuziehen.



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