Die Liebe, die uns rettet by Walther von Hollander

Die Liebe, die uns rettet by Walther von Hollander

Autor:Walther von Hollander [Hollander, Walther von]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Saga
veröffentlicht: 2016-02-19T00:00:00+00:00


12

Dies also ist der wichtige Tag der Unterredung zwischen Barbara und Alfred Meimberg über Rauthammer. Er beginnt mit Regen. Von Irland ist – ganz wie die Zeitung es angezeigt hat – ein Tief gekommen. Es besteht jetzt, da es angekommen ist, aus einem leichten Wind, der mit weissgrauen Wolken behängt ist. Die Wolken aber können nicht über die Waldberge, die das Flusstal eingrenzen. Sie treiben flussquer und flusslängs. Verquirlen sich in den Bäumen und regnen sich gründlich ab.

Man könnte also gleich nach dem Frühstück mit der Unterredung beginnen?

Einverstanden, meint Alfred. Aber nicht hier zwischen den Gästen. Sie werden lieber zusammen losfahren. Meimberg hat sowieso Lust, irgendwo in einer Stadt hinter einem Konditoreifenster zu sitzen und eine Zeitung zu lesen. Vielleicht hat er auch Lust, Dr. Fehr, den Arzt in Stuttgart, aufzustöbern. Wäre doch ganz nett. Hallo, hallo! Schultern geklopft! Einen Schoppen Wein getrunken. Mittag gegessen. An einer Pfeife genuckelt und über Politik gesprochen. Nein ... das mit Stuttgart muss nicht gerade an diesem wichtigen Tage sein. Alfred muss in den nächsten Tagen sowieso hin. Es ist ein Brief von Dr. Kleesand und Dr. Weppen gekommen. Ein grässlich dicker Brief. Barbara hat ihn doch gesehen. Sie haben ihm einen ziemlich hoffnungslosen Fall übertragen, der nach Stuttgart hinüberspielt. Wenn Barbara weiter fragte, würde er ihr den Fall erzählen. Er wüsste gern ihr – rein menschliches – Urteil. Aber sie ist von ihrem Vater gewöhnt, dass über Berufliches nicht gesprochen werden darf.

„Heute also bitte nicht Stuttgart“, sagt Barbara, „sondern wieder wie sonst irgendwohin. Spann nur das Auto an.“

Sie zieht ihren roten Regenmantel an, mit der glasdurchsichtigen Kapuze. Die Schnürschuhe, den Allwetterrock.

„Schön, dass es regnet“, sagt Alfred, als sie herunterkommt, „siehst wirklich niedlich aus.“

„Siehst auch niedlich aus“, sagt Barbara gekränkt, niedlich ... das ist eine Phrase aus der Fehrschen Kiste ... passt auf Backfische, auf Schlagsahnemädchen ..., „siehst sehr niedlich aus mit deinem Jöppchen und deinem Regenkäppchen. Famos, Junge.“

„Los, los“, antwortet Alfred, „der Motor scharrt schon vor Ungeduld mit den Hufen.“

Frau Görnewitz kommt noch aus dem Haus geschossen in einem reizenden rotkarierten Küchenkleid, sie sieht jünger aus als jemals. Regen (so teilt sie mit) bekommt ihrer Haut so gut. Ob die Herrschaften zu Mittag wieder da sind? Nein, die Herrschaften sind nicht da. Die andern Herrschaften, die eben an den Fenstern erscheinen – Bankrat Meidam, die beiden Kichermädchen, der blumenpflückende Oberlehrer und zwei nette neue Gesichter, Hauptmann Gericke und Frau –, die andern Herrschaften müssen schon allein zu Mittag essen.

„Schade“, ruft das eine Kichermädchen. „Schade“, echot Meidam.

„Schade, schade“, lachen die andern. „Schade“, lacht auch Meimberg.

Winken hin, Winken her. Barbara sieht sich Frau Gericke prüfend an, die Frau des Hauptmanns, eine Blondine, das Haar straff zurückgestrichen, überzüchtet, ein unscheinbares Adelsgesicht. Gefällt ihr. Sie lächelt ihr vorsichtig zu. Guten Tag, lächelt sie. Auch eben verheiratet? Auch ein bisschen erstaunt und aufgerührt und schwindlig? Und Frau Gericke lächelt zurück. Wird rot. Jawohl, lächelt sie. Man staunt, was für ein fremdes Wesen so ein Mann ist. Auf Wiedersehen!

„Reizend“, sagt Barbara, als das Auto über den Fluss hinüber ist und das Waldtal hinaufklettert.



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