Die Langerudkinder im Winter by Hamsun Marie

Die Langerudkinder im Winter by Hamsun Marie

Autor:Hamsun, Marie [Hamsun, Marie]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Es dauerte lange Zeit, bis die Leute von Langerud sich wieder entschlossen, zu einem Gastgelage zu gehen. Es dauerte auch lange Zeit, bis die Buben die Ereignisse dieses Tages ganz überstanden hatten, so daß sie sich wieder mit frischem Mut an neue Dinge wagen mochten.

9

Ola hatte endlich den »Mord im Dunkeln« gelesen oder vielmehr verschlungen. Seit dem Tag, da er und Einar daheim waren und das Haus versorgten, so daß Vater und Mutter und die Schwestern zu einer Weihnachtseinladung gehen konnten, war es ja doch allen offenbar geworden, daß er dieses merkwürdige Buch besaß. Da gab es nichts mehr zu verheimlichen, so daß er den Rest bei vollem Tageslicht las, wozu dieses sich ja auch am besten eignete.

Sein Weihnachtsgeschenk, »Die Heldentat eines Pfadfinders«, war ebenfalls ausgelesen, das war ein Buch, das Ola viel zu denken gegeben hatte.

»Hast du die Pfadfinder einmal gesehen?« fragte er den Vetter.

Es kam übrigens recht selten vor, daß Ola sich mit einer Frage an Henry wandte, denn Henry floß dann nur so über vor lauter Wichtigtuerei und prahlte ganz unausstehlich.

»Pfadfinder?« rief Henry, »in der Stadt sind alle Buben Pfadfinder.«

»Bist du vielleicht ein Pfadfinder?« fragte Ola kühl.

Nein, Henry war noch kein Pfadfinder, sollte aber bis zum Frühjahr einer werden. Man mußte volle elf Jahre alt sein, ehe man mittun durfte. Es sei so dumm mit seinem Geburtstag, der komme ein halbes Jahr zu spät, sagte er, aber im Frühjahr...

Ola sagte, er könnte es nicht begreifen, daß man es mit einem oder zwei kleinen Jahren so genau nehme. Ihm war nämlich ein Gedanke gekommen: Sie könnten eine Pfadfinderpatrouille bilden und für sich selbst anfangen, er und der Vetter und Einar und Jakob, und da kam ihm diese Sache mit dem Alter sehr in die Quere.

»Eine Patrouille kann nicht nur aus vier Mann bestehen«, sagte Henry. »In der Stadt...«

»Das ist gleich«, unterbrach Ola ihn, »wir können es hier so halten, wie wir selbst wollen.« Nein, das einzige, was er befürchtete, sagte er, sei, daß es schwierig sein könnte, eine Höhle zu finden...

»Eine Höhle?« sperrte Henry den Mund auf.

»Ja, weißt du das nicht?« Das wußte Ola doch ganz genau, obgleich er noch nie einen lebendigen Pfadfinder gesehen hatte, eine Höhle war notwendig, wollten sie richtige Pfadfinder sein. Ola hatte mehrere Pfadfinderbücher gelesen, und in jedem Buch war mindestens eine Höhle vorgekommen. Die Öffnung war meist ganz klein, so daß man auf dem Bauch kriechen mußte, um hineinzugelangen, dann aber dehnte sie sich aus, und zutiefst drinnen sollte man das dumpfe Dröhnen eines Wasserfalls oder mindestens das leise, geheimnisvolle Rieseln eines Baches hören. Es war auch gar nichts so Ungewöhnliches, wenn es dort einen Schatz gab oder sogar einen oder zwei Räuber. Und eine solche Höhle ließ sich in der Nähe hier sicherlich nur schwer auftreiben. Außerdem würde es wohl auch schwer sein, etliche Heldentaten zu verrichten; hier gab es gleichsam zuwenig Lebensgefahren im Dorf, meinte Ola. Und das war doch kein ordentlicher Pfadfinder, der nicht ein oder zwei Menschen im letzten Augenblick vom sicheren Tode gerettet hatte! Soviel war Ola aus den Büchern klargeworden.



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