Die Kunst, nicht abzustumpfen by Stephan Marks
Autor:Stephan Marks [Marks, Stephan]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 357906696X
Herausgeber: Gütersloher Verlagshaus
veröffentlicht: 2012-05-20T22:00:00+00:00
7. »man«
Wer ist dieses geheimnisvolle Wesen »man«, das »etwas tun« muss? Das Wörtchen »man« bezeichnet zum einen gesellschaftliche Umgangsformen und Konventionen, etwa wenn man sagt: »Sonntags geht man in die Kirche.« oder »Man spricht nicht mit vollem Mund.« Zum anderen steht »man« auch allgemein und anonym für »die Leute«, somit für: irgendjemanden, jeden, alle und damit letztlich für: niemanden.
Als »man« verschmilzt die betreffende Person mit den Normen und Erwartungen der Gruppe. Von diesen abzuweichen, wäre mit existenziellen Ãngsten verbunden. Durch die Anpassung aber wird das Ich, so der Psychoanalytiker Paul Parin (1978, 117f.), »entlastet. Man ist nicht mehr allein, Ãngsten ausgesetzt, und die Abwehr gegen frühkindliche Wünsche nach Geborgenheit und Zugehörigkeit ist entspannt. Man ist Rollenträger, nimmt teil an einer Institution, einer Gruppe. Was an Autonomie verlorenging, wird wettgemacht durch neue Arten von Befriedigung, die die Rolle bietet.« Wie Horst-Eberhard Richter in seinem Buch »Bedenken gegen Anpassung« (1995, 142) schreibt, geben die Rollenstereotype z. B. vor, »wie âºmanâ¹ sich als Frau zu verhalten habe«. Sie geben auch vor, wie »man« als Mann aufzutreten habe, um nicht als »unmännlich« beschämt zu werden.
Meine Skepsis gegenüber dem »man« wurde auch durch die Interviews genährt, die wir im Rahmen des Forschungsprojekts âºGeschichte und Erinnerungâ¹ mit Anhängern des Nationalsozialismus führten (Marks 2011a). Auffallend häufig begründeten die Senior/-innen ihr damaliges Engagement für Hitler und das »Dritte Reich« in »man«-Sätzen â und reagierten dann überrascht, wenn sie nach ihrer persönlichen Verantwortung gefragt wurden.
Heute wird von einem wohlangepassten Bundesbürger erwartet, dass »man« arbeitet, konsumiert und seinen privaten Wohlstand, wie eine Festung, gegenüber dem Rest der Menschheit abschottet. Gerade in den heutigen Krisenzeiten kommt es jedoch notwendig darauf an, dass jeder einzelne Mensch sich von dem, was »man« tut, ein Stückweit frei zu machen vermag. Gerade dann, wenn »man« â die groÃe Mehrheit einer Gesellschaft â Werte vertritt und einen Lebensstil praktiziert, der die Erde stündlich der Klima-Katastrophe näherbringt. Auch dann, wenn die Herausforderung, die vor uns liegt, sehr groà erscheint, wie dies gegenwärtig der Fall ist (geht es doch um nicht weniger als einen kollektiven Lernprozess). Und selbst dann, wenn die Betreffende dabei als »Gutmensch« verhöhnt wird, wie dies gegenwärtig in Deutschland schnell geschehen kann.
Download
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.
The Blackwell Companion to Hermeneutics by Keane Niall; Lawn Chris;(1000)
Die Weisheit der Bienen by Mingo Jack(969)
Schöne neue Welt by Huxley Aldous(965)
Menschen für sich gewinnen by Don Gabor(955)
Clausewitz - Vom Kriege by Carl von Clausewitz(943)
Wie man Freunde gewinnt by Dale Carnegie(923)
Viele Ziegen und kein Peter by Christian Eisert(922)
Der Buchspazierer by Carsten Henn(922)
Über die Freiheit by John Stuart Mill(919)
Zur Urgeschichte der Deutschen by Friedrich Engels(913)
Diana by Tina Brown(912)
Das Ende der Illusionen by Andreas Reckwitz(912)
Die Optimierungsfalle by Nida-Rümelin Julian(910)
Südostasien by Edith Konrad(902)
R.E.M. by Michael Marshall Smith(899)
Das Wesen des Christentums by Ludwig Feuerbach(898)
Die Verantwortung der Linken by Jan Korte(895)
Staat Und Revolution by W. I. Lenin(885)
John F. Kennedy by Alan Posener(884)