Die Koenigin von der Ruhr by Ebbert Birgit

Die Koenigin von der Ruhr by Ebbert Birgit

Autor:Ebbert, Birgit [Ebbert, Birgit]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Lübbe
veröffentlicht: 2023-08-01T00:00:00+00:00


KAPITEL 25

September 1906

»Ich habe mir in Italien Gedanken darüber gemacht, was ich tun werde, wenn meine Zeit als Treuhänderin im nächsten Monat endet.« Margarethe stand neben Ernst Haux am Fenster ihres Arbeitszimmers. Er hatte sie über die Fortschritte in Rheinhausen informiert und dargelegt, wie sich das Direktorium die Eingliederung ihres Schwiegersohns in das Unternehmen vorstellte.

»Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen, Frau Geheimrat?«

Margarethe drehte sich um und ging zu dem Tisch, an dem sie bis vor wenigen Minuten über das Unternehmen beraten hatten. »Mir schwebt eine Wohnsiedlung im Stil der Gartenstadt vor, die jetzt gerade im Kommen ist.«

Ernst Haux wartete, bis sie sich hingesetzt hatte, ehe er neben ihr Platz nahm. »Ich dachte, Sie würden reisen, vielleicht wieder malen oder die Fotografie ausbauen. Das ließe sich wunderbar verbinden.«

Margarethe schüttelte den Kopf. »Sicher werde ich mir dafür Zeit nehmen, und ich habe Bertha und Gustav versprochen, dass ich meine Sprechstunde für die Werksangehörigen mit besonderen Anliegen fortführe.« Sie sah Ernst Haux an und lächelte. »Ich hoffe ja doch, dass ich bald Großmutter werde, dann braucht Bertha ihre Zeit für das Kind.«

»Die Bittsteller werden sich freuen, wenn sie mit Ihnen sprechen können. Herr von Bohlen und Halbach ist den Leuten noch gänzlich unbekannt, und Ihre Tochter Bertha kannten sie teilweise schon als kleines Mädchen. Ob sie da immer die nötige Distanz behalten, wenn ein Anliegen abgelehnt werden muss, wage ich zu bezweifeln. Es ist für alle Seiten gut, wenn Sie es sind, die diese wichtige Aufgabe fortführt.«

»Ich freue mich auch, dass ich auf diese Weise dem Unternehmen verbunden bleibe.« Margarethe blätterte in den Papieren, die vor ihr auf dem Tisch lagen, und holte ein Blatt mit handschriftlichen Notizen hervor. »Aber ich würde meine restliche Lebenszeit gern nutzen, um etwas zu leisten, das bleibt.«

»Sie haben zwei Töchter!« Ernst Haux sah sie verständnislos an. »Was kann man anderes schaffen, das bleibt? Ihr Name wird für immer verbunden sein mit dem Werk Krupp.«

»Mein Name wäre für immer verbunden mit Krupp, mit Barbara und Bertha, aber nicht mit einem Werk. Jedes Mal wenn ich den Altenhof besuche, spüre ich dort den Geist meines verstorbenen Mannes. Diese Siedlung war ihm wichtig, er wollte etwas für die Menschen tun, und man hätte die Kolonie nach ihm benennen sollen.«

»Als die ersten Häuser gebaut wurden, ahnte niemand, dass daraus eine ganze Siedlung entstehen würde. Es war ja nur ein Altenhof geplant. Dass inzwischen ein Erholungsheim angegliedert ist und sich die Korbflechterei zu einem Publikumsmagneten entwickeln würde, stand damals in den Sternen«, erwiderte Ernst Haux und versuchte gleichzeitig, zu entziffern, was auf dem Papier stand, auf das Margarethe ihre gefalteten Hände gelegt hatte.

»Wie auch immer. Ich habe entschieden, dass ich eine Stiftung für Wohnungsfürsorge ins Leben rufe. Damit soll eine Wohnsiedlung gebaut werden, in der sich die Menschen wohlfühlen, und zwar nicht nur Angehörige des Krupp-Werks, sondern auch Menschen aus Essen, die sich kein Eigenheim leisten könnten.«

Margarethe sah, dass Ernst Haux stutzte, dabei hatten sie in den letzten Jahren oft über Wohnformen und Architektur gesprochen, wenn der Baurat von den Fortschritten der Krupp-Siedlungen berichtete.



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