Die Herrin der Wörter by Peter Dempf
Autor:Peter Dempf [Dempf, Peter]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 978-3-95751-085-3
Herausgeber: hockebooks gmbh
veröffentlicht: 2015-10-15T16:00:00+00:00
34. Kapitel:
Der Friedensstifter
Solange der Mond schien, ging es im gestreckten Galopp weiter die Milchwasser entlang. Im Dunkel huschte und kreischte es. Die scheinbar leere Landschaft lebte. Büsche und Bäume flogen an Kiray vorüber, getaucht in silbriges Licht. Erst als der Mond unterging, fielen die Kentauren in einen leichten Trab, bei dem man sich wieder unterhalten konnte. Die ganze Zeit überlegte sie, was Hylaios wohl mit dem Alp besprochen und warum der sie diesmal in Ruhe gelassen hatte.
»Was t-treibt Euch aus den Bergen ins Tal, Hylaios?« Sie musste mehr über die Kentauren erfahren. Geschichten waren dafür das geeignete Mittel.
Hylaios drehte sich zu ihr um und sah sie prüfend an. »Ich glaube, Ihr habt ein Recht, das zu erfahren«, sagte er. »Einst, in den Zeiten der großen Könige, als das Böse weite Teile Phantásiens beherrschte, haben wir Kentauren die Marken bewacht. Diese Zeit ist längst hinter den Horizont gesunken. All das Land, das wir durchreiten, gehörte einmal mächtigen Herrschern, deren Namen vergessen und deren Lieder längst verweht sind. Ein Name aber hat sich erhalten, der Name des Geschlechts, das sich am ungebärdigsten verhielt und nach dem dieses Gebirge heißt: die Grollherrscher. Gewaltige Streitkräfte konnten die Grolle aufbieten: Steinschleuderer, die so groß waren, dass sie die Milchwasser mit einem Schritt überqueren konnten, ohne sich die Füße nass zu machen. Drachenreiter, die auf geflügelten Drachen dahinritten und jeden Feind niederbrannten, der ihnen in die Quere kam. Kentauren, die mit ihren Bogen nie ein Ziel verfehlten, und Zwergenkrieger mit ihren gefährlichen Doppeläxten. Nur die Kindliche Kaiserin fürchteten sie, niemanden sonst.
Ihre Aufgabe war es, das Land vor den Pendlern zu schützen, die aus den dunklen Landstrichen jenseits der Marken nach Phantásien einsickerten und es unruhig und unsicher machten: Werwölfe, Vampire und was sonst noch Phantásiens Ruhe stört.
Aber wie es so ist mit der Macht und der Kraft der Wörter: Sie ließen sich überreden und glaubten den Beteuerungen und Versprechungen eines Pendlers, der ihnen den Wunsch ins Ohr blies, Phantásien zu beherrschen. Das Herrschergeschlecht der Grolle meinte mithilfe dieses Pendlers mächtig genug zu sein, um gegen die Kindliche Kaiserin zu Felde zu ziehen und die Macht in Phantásien an sich zu reißen. Obwohl der Rat der Kentauren sich dagegen sträubte, unternahmen die Grollherrscher einen Feldzug gegen den Elfenbeinturm.
Wir Kentauren aber trennten uns deshalb von unseren Herren und flohen. Ein ganzes Volk verließ seine Heimat und zog davon. Doch die Grolle brauchten die sicheren Pfeilschützen und setzten meinem Volk nach, sodass wir in immer größere Höhen des Gebirges flüchten mussten. Natürlich wehrten wir uns, aber die Steinwerfer und die Zwerge richteten ein fürchterliches Blutbad unter uns an. Niemals davor und niemals danach ist so viel Kentaurenblut vergossen worden. Man zwang uns, das Banner der Grolle zu nehmen, und wir mussten erneut Gehorsam schwören. Wir gaben unser Wort, und das Wort ist uns heilig. Unser Eid hieß Treue. Also zogen auch wir gegen die Kindliche Kaiserin in den Krieg.«
Kiray hörte fasziniert zu. Von den Grollkriegen erzählten auch die Geschichten der Nebelzwerge. »Ist es n-nicht eigenartig«, warf sie ein, »dass
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