Die Heimfahrt der U 720 by Lehnhoff Joachim

Die Heimfahrt der U 720 by Lehnhoff Joachim

Autor:Lehnhoff Joachim
Die sprache: de
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2010-05-28T22:00:00+00:00


13. KAPITEL

Mary-Anne tanzte schlecht. Sie war unaufmerksam und verpatzte den Einsatz. Aber die Männer, die ohnehin nur den Körper und nicht den Tanz sahen, merkten keinen Unterschied. Sie applaudierten ausgelassen, grölten und warfen Zigarettenpäckchen auf die Tanzfläche der ›Roten Mühle‹.

Das Mädchen zog sich schnell zurück, rannte zu seiner Garderobe, riß sich das Kostüm vom Körper. Der Chef kam herein, als es vor dem Spiegel saß und sich die Schminke vom Gesicht rieb. Es griff nach dem Handtuch und hielt es vor die Brust.

Ihre Blicke begegneten sich im Spiegel.

»Was war los mit dir, Anni?«

Marianne Hansen zuckte mit den Schultern. »Was soll denn los gewesen sein?«

»Mach mir doch nichts vor, Mädchen! Wie 'n Hampelmann hast du herumgezappelt. So wie du eben, so tanzt ja nicht mal die Wally Krull. Trink mal 'n Schnaps, wenn du Kummer hast! Geht auf meine Rechnung.« Er gab ihr einen Klaps und ging aus dem überheizten Kabuff.

Marianne sah ihm nach. »Ph …« Der Chef, was wußte der schon! Vorhin, als sie zwischen den Vorhangfalten auf ihren Auftritt wartete, hatte sie einen Mann an der Bar bemerkt. Er lehnte, beide Ellenbogen aufgestützt, über dem Tresen und goß Glas auf Glas in sich hinein. In den wenigen Minuten, die Marianne ihn hatte beobachten können, hatte er drei Schnäpse geschluckt! Sein Anblick hatte sie wie ein Schlag getroffen. Bei den ersten tänzelnden Schritten zwischen den Falten des Samtvorhangs hindurch war sie gestolpert, und um ein Haar wäre sie längelang hingefallen. Peinlich, peinlich …

Sie hatte den Mann wiedererkannt. Es war der, der sie vier Wochen zuvor von der Schleusenmauer geschickt hatte! Wie hatte ihn der Mann vom K-Verband genannt, den sie kürzlich kennengelernt hatte? Reguir? Ja, Leutnant Reguir! Ein seltsamer Name, klang so französisch …

Sie nahm ihm nicht mehr übel, daß er sie daran gehindert hatte, von Joseph Preszewsky Abschied zu nehmen. Etwas ganz anderes trieb sie jetzt zur Eile – dieser Leutnant war der erste Mann von denen, die damals mit U 720 hinausgefahren waren, der wieder in der Heimat war. Er würde ihr von dem Boot berichten können – falls er nicht schon zu betrunken war. Sie dachte auch an Julia Schlitt, die auf eine Nachricht wartete.

Marianne puderte sich schnell, knüpfte den Büstenhalter um, zog die Bluse an, stieg in den engen Kostümrock. Noch ein paar Kammstriche durchs Haar, so daß es weit über ihre Schultern fiel, dann lief sie hinaus. Sie kletterte neben Reguir auf den Barhocker und sagte leise: »Guten Abend!«

»'n Abend«, brummte er, ohne aufzublicken. Er schob sein Glas über den nassen Tresen: »Noch mal!«

Das Mädchen hinter der Bar warf Marianne einen amüsiert-verächtlichen Blick zu, bevor es nach der grünen Flasche griff.

»Mir auch einen!« rief Marianne, »Chef zahlt!«

Da fuhr der Mann wütend herum: »Was heißt, ›Chef zahlt‹? He, was soll das heißen? Für meine Gäste zahle ich, verstanden! Du bist mein Gast. Was willst du haben?« Seine Augen waren von roten Äderchen durchzogen. Er taumelte.

Marianne hielt ihn mit stützender Hand auf, aber so, daß er keinen Grund sah, ihre Hilfe übelzunehmen. Sie hatte Erfahrung im Umgang mit Betrunkenen.



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