Die Heilerin vom Strahlenfels: Historischer Roman (German Edition) by Antonia Salomon

Die Heilerin vom Strahlenfels: Historischer Roman (German Edition) by Antonia Salomon

Autor:Antonia Salomon [Salomon, Antonia]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: Bastei Lübbe (Bastei Lübbe Taschenbuch)
veröffentlicht: 2014-09-15T22:00:00+00:00


XXXII.

In eine warme Decke eingehüllt, saß Katharina mit einem Buch in der Hand auf der Terrasse und genoss die letzten Sonnenstrahlen eines späten Oktobertages. Unter sich hörte sie ein lautes Jauchzen. Sie beugte sich vor und sah die kleine Sophia, die an der Hand von Christine über die mit herbstlichem Laub bedeckte Wiese zum Kräutergarten lief, wo sie wahllos Blüten und Blätter abriss und sich in die Taschen stopfte. Die Freifrau strich sich über den gewölbten Bauch. Bald würde Sophia nicht mehr allein sein, sondern ein Geschwisterchen haben.

Über fünf Monate waren seit der Auseinandersetzung mit Thassilo vergangen, und inzwischen war viel geschehen. Thassilo hatte drei Mal für viele Wochen die Burg verlassen müssen, um für den Kaiser gegen Venedig ins Feld zu ziehen. Dieser Krieg hatte vor zwei Jahren begonnen, nachdem Venedig die Kaiserkrönung in Rom verhindert und Maximilian I. gezwungen hatte, sich mit päpstlicher Zustimmung 1508 im Dom von Trient zum »Erwählten Römischen Kaiser« ausrufen zu lassen. Thassilo, der für die militärische Absicherung Kärntens gegen die Türken und für die Bekämpfung marodierender Söldner und Raubritter in Franken eingesetzt wurde, war anfangs von den neuen Kriegszügen nicht betroffen gewesen. Doch seit die Franzosen dem Kaiser jede weitere Unterstützung verweigerten und der Papst ein Bündnis mit Venedig geschlossen hatte, führte der Kaiser seine Truppen allein gegen Venedig. Für den Reichsritter bedeutete dies, dass er nun auch an dieser Front zu den Waffen gerufen wurde.

Katharina wusste, dass sie sich in das Unvermeidliche fügen mussten. Als Reichsritter unterstand Thassilo dem Kaiser unmittelbar und konnte seinen Dienst nicht einfach quittieren, denn dann würde er sein Lehen und möglicherweise auch seine Freiheit und sein Leben verlieren. Also musste er wieder und wieder für den Kaiser ins Feld ziehen. Von der Schlacht um Vicenza im Mai, bei der die Stadt von den kaiserlichen Truppen eingenommen worden war, war Thassilo mit einem tiefen Hieb in den Arm heimgekehrt. Und Ende September war er so schwer am linken Bein und am rechten Arm verwundet worden, dass ihn seine Soldaten das letzte Stück zur Burg hinauf in eine Trage hatten legen müssen, da er viel Blut verloren und das Wundfieber ihn so stark geschwächt hatte, dass er sich nicht mehr auf seinem Pferd halten konnte.

Katharina war es gelungen, ihm das Leben zu retten. Doch trotz ihrer unermüdlichen Pflege heilten die Wunden nur langsam und nässten noch immer. Inzwischen hatten sie sich bis auf eine Stelle geschlossen, aber Thassilo würde schreckliche Narben zurückbehalten, und wahrscheinlich würde er auch nie wieder richtig gehen können.

Aber er war nicht nur mit körperlichen, sondern auch mit seelischen Verletzungen zurückgekehrt, und Katharina spürte, dass es nicht in ihrer Macht stand, diese Wunden zu heilen. Stundenlang starrte ihr Mann finster vor sich hin und beantwortete Katharinas Fragen nur mit einem Kopfschütteln. Irgendwann hatte er gesagt: »Es sind schreckliche Dinge geschehen. Kriege sind grausam und lassen die Sitten verrohen, sodass selbst wehrlose Frauen und Kinder keine Gnade mehr finden … Lass uns nicht davon sprechen, Katharina. Ich will Abstand gewinnen, und ich werde nicht zulassen, dass sie bis herauf in unsere ruhige Burg dringen.



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