Die Gefangene by Cole Martina

Autor:Cole, Martina [Cole, Martina]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-12-29T16:00:00+00:00

Später ging die Party in June und Joeys Wohnung weiter. Der Plattenspieler lief in voller Lautstärke, und der Alkohol floss in Strömen. Es war eine typische Samstagnacht. Auch Debbie war gekommen und hatte ihren Mann Jamesie Phillips mitgebracht, einen Kleinganoven aus Canning Town, der nichts anderes war als eine verwässerte Ausgabe von Barry.

Debbie war schwanger und gerade erst wieder in den Schoß der Familie aufgenommen worden. Nach ihrem Umzug in ein neues Reihenhaus in Rainham in Essex hatte sie sich mit allen verkracht, weil sie sich eine Weile lang aufgeführt hatte wie ›Gräfin Rotz von Hohenschnoddern‹, wie ihre Mutter es passend ausdrückte.

Doch schon bald hatte sie sich ziemlich einsam gefühlt, denn Jamesie arbeitete den ganzen Tag und hockte die ganze Nacht in der Kneipe. Außerdem schlug er sie, was außer Debbie selbst niemanden überrascht hatte. Sie hatte bereits zwei Fehlgeburten erlitten. Ihr Körper schien die Babys nicht halten zu können.

Susan fragte sich, ob der Grund dafür womöglich all die Abtreibungen waren, die ihre Schwester im Laufe der Jahre hatte vornehmen lassen. Debbie hatte die Abtreibung wie eine Verhütungsmethode angewendet und schien nun den Preis dafür zu zahlen. Susan empfand Mitleid für sie, weil sie wusste, wie sehr Kinder das Leben bereicherten, auch wenn sie es auf der anderen Seite erschwerten. Ohne ihre Bande wäre sie längst gestorben, dessen war sie sich absolut sicher.

Für Außenstehende mochte Susan ein merkwürdiges Leben führen, aber sie betrachtete es inzwischen als Hauptgewinn, da sie nun endlich so leben konnte, wie sie wollte: mit ihren geliebten Kindern, mit ein bisschen Geld und vor allem ohne Barry. In letzter Zeit erledigte Roselle alles für ihn, sogar seine Wäsche, und nachdem Susan jahrelang seine stinkenden Socken gewaschen hatte, passte ihr das ausgezeichnet.

Sie ging in die Küche und schenkte sich einen Gin Tonic ein. Es gab kein Eis, also trank sie ihn lauwarm und genoss die Trunkenheit, die sie benebelte und einhüllte.

Auf einmal fühlte sie sich sehr allein und hätte sich am liebsten in ihr Bett verkrochen, den kleinen Barry im Arm. Als Nesthäkchen der Familie war es sein Vorrecht, bei ihr zu schlafen, obwohl sie manchmal morgens aufwachte und feststellte, dass sich die beiden Mädchen während der Nacht ebenfalls zu ihr geschlichen hatten.

Wehmütig und mit Tränen in den Augen erinnerte sich Susan an Wendys und Alanas Babyzeit. Dann wandten sich ihre Gedanken den Kindern zu, die sie verloren hatte. Jason und der hübsche kleine Luke und das Baby, das sie in dem Streifenwagen verlassen hatte.

Barry Dalston war ein Teufel, ein brutaler Teufel. Er hatte ihr diese Kinder mit derselben Gleichgültigkeit weggenommen, mit der er sie gezeugt hatte – ohne einen Gedanken an sie zu verschwenden. Susan goss sich noch einen Drink ein. Diesmal stürzte sie ihn mit einem Schluck hinunter. Dann schüttelte sie sich.

Plötzlich spürte sie, wie ein Arm um ihre Schultern gelegt wurde, und drehte sich schnell um.

Es war ihr Vater.

»Was ist los, Mädchen? Was machst du hier ganz allein?«

Joey sah ihre Tränen. »Hat dieser Saftsack dich wieder fertig gemacht?«, fragte er mit scharfer Stimme. »Ich habe genau gesehen, wie er dich heute Abend zugelabert hat.

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