Die Frau im Orient-Express (German Edition) by Lindsay Jayne Ashford

Die Frau im Orient-Express (German Edition) by Lindsay Jayne Ashford

Autor:Lindsay Jayne Ashford [Ashford, Lindsay Jayne]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9781477848289
Herausgeber: Amazon Crossing
veröffentlicht: 2017-03-13T23:00:00+00:00


Max ging und ließ einen Eisenbahnfahrplan und eine Dose mit übel riechendem gelbem Pulver zurück, das sie als Vorsichtsmaßnahme gegen Flöhe über die Sitze des Waggons im Zug nach Ur Junction streuen sollten. Hätte er ihnen dieses Geschenk überreicht, bevor sie einen Termin für den Besuch vereinbart hatten, dann hätten sie vielleicht ihre Meinung noch geändert. Doch Agatha hatte bereits versprochen, Anfang Dezember zu reisen. Es war der Ort, den sie in ihrem Urlaub in Mesopotamien unbedingt sehen wollte, und sie wollte, wie sie Max beteuerte, sich das Beste für das Ende aufheben.

Das Mittagessen wurde serviert, sobald Max gegangen war. Nancy hatte sich einen Salat bestellt und zu ihrer Überraschung auch Agatha.

»Ich dachte, Sie wollten das gegrillte Lamm«, sagte Nancy.

»Ach herrje, Sie kennen mich ja schon zu gut.« Agatha griff nach der Vinaigrette. »Ich mag mein Essen, normalerweise.«

»Aber heute nicht?«

Da war ein winziges Zögern. »Ich … Ich bin nicht sehr hungrig.«

Nancy sah, dass in Agathas Augen Tränen standen. Sie beugte sich über ihren Teller, stieß das Messer in ein Stück Butter, das sie mit der Konzentration eines Künstlers, der Farbe auf die Leinwand gibt, auf ein Brötchen strich.

»Ich konnte sehen, dass etwas nicht stimmt, als ich mich zu Ihnen gesetzt habe«, begann Nancy. »Würde es Ihnen helfen, darüber zu sprechen?«

Agatha legte das Messer beiseite und starrte darauf, als würde es hochkommen und sie erstechen. »Es ist nichts, wirklich nicht. Nicht zu vergleichen mit dem, was Sie durchgemacht haben.«

»So sah es aber nicht aus.« Nancy beugte sich über den Tisch, um Agathas Hand zu ergreifen. »Irgendetwas hat Sie so sehr aufgeregt, dass Sie geweint haben.«

Agatha nickte und wischte sich mit der Serviette übers Gesicht, als ihr eine einzelne Träne über die Wange lief. »Es tut mir leid«, murmelte sie. »Es ist nur, dass Archie – mein Ehemann – heute heiratet.«

»Oh, Agatha! Warum haben Sie mir das nicht gesagt? Kein Wunder, dass Sie durcheinander sind!«

»Ich dachte, dass ich damit umgehen könnte. Ich dachte, wenn ich herkomme, Tausende von Kilometern entfernt, dass es sich nicht mehr so schlimm anfühlt. Doch es …« Sie verstummte und stieß den Atem aus. »Ich bin frühzeitig zum Mittagessen gekommen. Ich habe meine Uhr im Schlafzimmer gelassen, damit ich die Zeit nicht wusste, nicht den genauen Moment, wenn sie …« Sie biss sich auf die Unterlippe, sodass sie sich weiß färbte. »Er heiratet die junge Frau, mit der er in der Nacht zusammen war, als ich zu dem Steinbruch fuhr. Ich wusste es nicht – doch meine Tochter hat es mir erzählt. Sie wollte eine Brautjungfer sein.«

Nancy wurde es innerlich kalt. Es war, als würde Agatha ihre eigene Geschichte erzählen, nur von der anderen Seite. Die Intensität ihrer Trauer warf ein schroffes Licht auf den Brief, den Nancy ihrem Geliebten geschrieben hatte, in dem sie ihn angefleht hatte, mit ihr zu kommen, seine Frau und Tochter für ein neues Leben in Bagdad zurückzulassen. Sie verspürte ein überwältigendes Gefühl der Scham: Keinen Moment lang hatte sie sich diese andere Frau vorgestellt oder daran gedacht, wie ihr Leben sein würde, wenn ihr Mann sie verließe.



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