Die Französische Revolution by Lachenicht Susanne
Autor:Lachenicht, Susanne [Lachenicht, Susanne]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783534741502
Herausgeber: WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
War nun die Dechristianisierung auf die Phase zwischen 1793 und 1794 beschränkt? Sicherlich nicht. Der Kritik am Ancien Régime am Vorabend der Revolution hatte bereits eine deutlich antiklerikale Stoßrichtung innegewohnt. Die Kritik orientierte sich an der Dekadenz und den Privilegien des Klerus und entzündete sich bereits zur Zeit der Aufklärung am Kultus bzw. am Ritus der Katholischen Kirche. Die Einführung der Zivilverfassung des Klerus 1790 hatte letztendlich auch ein antiklerikales und antirömisches Element enthalten. Trotzdem war die Dechristianisierungswelle des Winters 1793/94 qualitativ etwas Anderes. Die katholische Kirche sollte nun nicht mehr dem Staat einverleibt, sondern als Aberglauben, als Relikt aus „dunkler Vorzeit“ abgeschafft werden, so die radikalen Dechristianisierer. Wenn man im Kontext der Französischen Revolution von Dechristianisierung spricht, dann gab es einerseits eine allmähliche Dechristianisierung – oder besser einen lang sich hinziehenden Prozess der Säkularisierung und Laizisierung – und eine kurze radikale Phase, die des Winters 1793/94, die bereits ab dem Frühjahr 1794 wieder umgekehrt wurde und dem langsamen Prozess der Laizisierung wieder Platz machte, wie Michel Vovelle deutlich gemacht hat.
Kult des Höchsten Wesens
Maximilien Robespierre ging die Dechristianisierung zu weit. Sein Ziel war weitgehende Religionsfreiheit. Katholische Priester allein für ihren Glauben zu verfolgen, hielt er für einen Akt des Fanatismus. Dem Deismus der radikalen Aufklärung verpflichtet, entwarf Robespierre einen eigenen revolutionären Kult, den des „Höchsten Wesens“ (Être suprÞme). Am 8. Juni 1794 (20. Prairial II) feierte Frankreich das Fest des Höchsten Wesens. Der revolutionäre Kult, eine neue revolutionäre Religion, wurde jedoch nur von einer Minderheit der Franzosen angenommen. Die meisten verweigerten langfristig die Dechristianisierung ihres Alltags, feierten also weiterhin den Sonntag (und nicht die Dekadi des neuen revolutionären Kalenders), gingen in die Messe, ließen ihre Kinder taufen und heirateten nach katholischem und nicht nach republikanischem Ritus. Allerdings vermischten sich in manchen Départements katholischer und republikanischer Kultus. Neben der Madonna wurden auch Marat und Robespierre nach ihrer Ermordung bzw. Hinrichtung als Heilige verehrt.
Hébertisten und Indulgents
Ab dem Winter 1793 begann die Montagne verstärkt gegen die Opposition von „links“, die Volksbewegung, vorzugehen. Robespierre und seine Anhänger witterten konterrevolutionäre Verschwörungen nun auf allen Seiten. Im Frühjahr 1794 erfolgte die Gleichschaltung der Pariser Commune, ebenso wurden die Volksgesellschaften als Horte der Radikalen geschlossen. Einer der Wortführer der Bewegung der Sansculotten, Jacques Hébert, wurde im März 1794 des Hochverrats angeklagt und zusammen mit etlichen Anhängern hingerichtet. Auch die Indulgents, moderatere Vertreter der Montagne wie Georges Danton und Camille Desmoulins, gerieten Ende März/Anfang April 1794 ins Visier Robespierres und Saint-Justs. Die Indulgents wurden am 5. April 1794 als innermontagnardische Opposition „beseitigt“.
Sturz Robespierres
Die Schläge nach rechts und links führten zu einer immer weiter verkleinerten Machtbasis der verbleibenden Führungsriege der Montagne. Ihre Politik wurde nur noch von wenigen Anhängern getragen. Gegen Robespierre, Saint-Just und Couthon formierte sich ab Juni 1794 eine Verschwörung aus verbliebenen Indulgents und Terroristen, unter ihnen Collot d’Herbois, Billaud-Varenne und Fouché, Letzterer allerdings nicht offiziell, die dem Regime der Robespierristen ein Ende zu bereiten suchten. Robespierre, der nach langer Abwesenheit am 8. Thermidor II (26. Juli 1794) die Verschwörer anklagte und zu entlarven versuchte, wurde einen
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