Die Franken by Jussen Bernhard
Autor:Jussen, Bernhard
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783406661822
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 2014-12-28T00:00:00+00:00
Was immer die Gesandten der byzantinischen Kaiserin Irene im Gepäck hatten, am fränkischen Hof hat man es als «Übergabe des Imperiums» deuten wollen. Dieser knappe, aber im Textzusammenhang besonders herausgehobene Satz legt nahe, dass ein Kaisertum Karls seinerzeit Thema zwischen der Kaiserin und dem Frankenkönig war. Dass man zu jener Zeit in Rom, Byzanz und an Karls Hof die Macht und Politik des Frankenkönigs mit der alten römischen Institution des Kaisertums erfasste, ist hin und wieder auch in anderen Zeugnissen zu erkennen. So hat Papst Hadrian im Jahr 778 dem Frankenkönig in einem Brief mit der Phrase geschmeichelt: «Siehe, ein neuer Konstantin, Gottes allerchristlichster Kaiser, ist in unseren Zeiten emporgestiegen» (ecce novus christianissimus Dei Constantinus Imperator his temporibus surrexit). Der König hat den Brief sorgsam aufbewahren und später abschreiben lassen. Zu Hadrians Tod 795 ließ Karl im Norden eine Grabtafel für den Verstorbenen anfertigen und nach Rom senden. Sie glich in Gestalt und Schriftstil völlig den Inschriften der alten römischen Kaiser. Der Text der Grabplatte bat die Lesenden um Gebetsgedenken ebenso für den Verstorbenen wie für den Auftraggeber des Monuments. Mit dem Nachfolger Hadrians, Papst Leo III., sprach Karl gleich in seinem Glückwunschschreiben Klartext: «Unsere Aufgabe ist, … eure Aufgabe ist …». Dem Papst teilt er zu, die Arme zum Gebet zu heben und bei Gott für das «christliche Volk» zu vermitteln, alles andere, was es im Dienst der «Kirche Christi» zu tun gab, reklamierte er für sich: «nach außen mit Waffen» den Schutz gegen Heiden und Ungläubige leisten, «nach innen die Erkenntnis des christlichen Glaubens festigen». Seine Hofintellektuellen sprachen hier und da vom «imperialen Königtum» (imperiale regnum) oder «christlichen Imperium» (imperium Christianum) – und dann kamen 798 die Boten aus Konstantinopel zu Karl, «um ihm das Imperium zu übergeben». Das Verfahren der Ernennung zum Imperator, das die hofnahen Autoren aus Karls Umgebung notiert haben, entsprach durchaus traditioneller Praxis. Kaiser wurde jener, den der Vorgänger- bzw. Seniorkaiser oder das Heer erhob. Der Patriarch (also das oströmische Äquivalent zum römischen Papst) kam erst beim Zeremoniell ins Spiel, der Papst hatte nie etwas mit der Kaisererhebung zu tun gehabt.
Kaum später aber haben andere Chronisten, auch sie aus Karls nächster Umgebung, diese Erzählung aus der Welt schaffen wollen und widersprachen dem Bericht des Jahres 798: «Diese Gesandtschaft», so hieß es nun, «verhandelte bloß über Frieden (tantum de pace)». Man bestritt mit dieser Formulierung ausdrücklich, dass «ihm das Imperium übergeben» worden sei. Diese Chronisten wussten anscheinend, dass das Kaisertum wenig später noch von einer anderen Instanz an Karl herangetragen worden war, und zwar vom Papst. Zum historischen Ereignis des kollektiven Gedächtnisses wurde diese Kaisererhebung durch den Papst, die zwei Jahre später in Rom stattgefunden hat und sich heute aus den extrem widersprüchlichen römischen und fränkischen Erzählungen nicht mehr rekonstruieren lässt.
Rom, Weihnachten 800 In aller Kürze mag man das, was in den Erzählungen halbwegs übereinstimmt, so zusammenfassen: Im Jahr 799 war der Papst in höchster Not vor innerstädtischen Gegnern über die Alpen zum fränkischen König geflohen. Dieser hat ihn im gerade erst eroberten Land der Sachsen empfangen, in Paderborn.
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