Die Entscheidung der Hebamme by Sabine Ebert
Autor:Sabine Ebert [Ebert, Sabine]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: History
ISBN: 9783426554784
Herausgeber: Knaur
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
Beatrix begrüßte Hedwig mit großer Herzlichkeit, bot ihr einen Stuhl an und ließ schweren roten Wein aus ihrer Heimat Burgund bringen. Dann schickte sie sämtliche Kammerfrauen und Hofdamen aus dem Raum.
Zum ersten Mal war Hedwig mit der Kaiserin allein.
Was würde sie von ihr wollen? Falls sie eine Nachricht für sie hatte, musste Beatrix sie diesmal nicht versteckt zwischen höfischen Floskeln übermitteln und hoffen, dass ihr Gegenüber verstand.
Kaum hatte die letzte Hofdame ihnen den Rücken zugedreht, um das Privatgemach der Kaiserin zu verlassen, in dem im Gegensatz zur üblichen Kälte im Gemäuer wohlige Wärme herrschte, erlosch das Lächeln auf Beatrix’ Gesicht, das sie vor der Fürstenversammlung aufzusetzen pflegte. Für einen kurzen Moment wirkte sie müde und angegriffen von den Streitigkeiten der letzten Jahre.
Die Kaiserin war siebenunddreißig Jahre alt, rechnete Hedwig nach; fast genauso alt wie sie selbst. Beide waren mit zwanzig Jahre älteren Männern verheiratet worden, beide hatten sie es geschafft, dass ihnen ihre Ehemänner verfallen waren und auf ihren Rat hörten. Nur durfte sich keine von ihnen offen in die Politik ihrer Männer einmischen – das hätte deren Ansehen bei den Vasallen unwiderruflich geschadet.
Hedwig wusste Beatrix’ prüfenden Blick auf sich und wartete, innerlich angespannt.
»Ich habe aus der Ferne Euren Weg genau verfolgt, Dame Hedwig.« Ein amüsiertes Lächeln zog über das Gesicht der Kaiserin. »Wie Ihr damals in Würzburg die Streithähne zum Einlenken bewegt habt, war ein Meisterstück. Ich habe Euch bis heute noch nicht dafür gedankt.«
»Ohne Eure Hilfe hätte ich nichts zu bewirken vermocht, Majestät«, entgegnete Hedwig aufrichtig.
Die beiden Frauen tauschten einen Blick, der sie wie schon vor zwölf Jahren zu Verbündeten machte.
»Ich wünschte nur, alle Fürstinnen verstünden es so gut, ihre Männer mit sanfter, aber entschlossener Hand zu etwas mehr Vernunft zu bringen«, meinte Beatrix.
»Wenn ich ehrlich sein soll«, sagte Hedwig nach einigem Zögern, »so fürchte ich, dass ich nur noch bedingt Einfluss auf meinen Gemahl habe.«
War es Verrat, was sie da gerade an ihrem Mann beging? Doch Beatrix war klug genug, um längst erkannt zu haben, wie es im Hause Wettin stand.
»Ein Wunder, wie Ihr es überhaupt noch schafft, diesen grimmigen Bären an der Kette zu halten«, entgegnete die Kaiserin mit einem Lächeln.
»Ihr müsst ihm verzeihen – er wird fast ständig von unerträglichen Schmerzen gequält, das macht ihn unleidlich«, nahm Hedwig ihren Mann gegen ihren Willen in Schutz.
»Und Ihr habt eine überaus kundige Heilerin aufgetrieben, um seinen Zustand und seine Laune zu bessern, die Frau des Christiansdorfer Vogtes. Wie weise!«
Hedwig wunderte sich nicht, dass Beatrix so gut informiert war. Sie würde – im Gegensatz zu anderen – nie den Fehler begehen, die Klugheit der Kaiserin zu unterschätzen.
»Wenn Ihr ihre Dienste benötigen solltet, wird sie Euch freudig zur Verfügung stehen«, versicherte sie.
»Danke, das ist nicht nötig. Mit Gottes Hilfe erfreuen sich mein Gemahl und ich bester Gesundheit. Sagt, wie geht es Euerm jüngsten Sohn? Wie ich hörte, hat ihn der Herr von Christiansdorf als Knappen bei sich aufgenommen.«
Aufmerksam musterte Hedwig das Gesicht der Kaiserin. Würde sie Dietrich seine Verfehlung nachtragen?
»Mein Sohn gibt wirklich sein Bestes, um sein Vergehen wiedergutzumachen und seine Ehre wiederherzustellen.
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