Die Eistoten: Thriller (German Edition) by Buder Christian

Die Eistoten: Thriller (German Edition) by Buder Christian

Autor:Buder, Christian [Buder, Christian]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aufbau Digital
veröffentlicht: 2013-08-13T22:00:00+00:00


TEIL DREI

Jagd

24.

Am nächsten Morgen lag keine Zeitung auf dem Tisch. Auch die Post fehlte.

Das Postauto war im Schnee stecken geblieben, und der Zeitungsausträger aus Hindelang war nicht bis nach Hintereck durchgekommen. Ihr Vater hatte schon früh das Haus verlassen, und von Amalia war kein Ton zu hören. Alice zog sich ihre Moonboots an, warf sich ihren Anorak über und stapfte durch den harschen Schnee zum Haus ihres Großvaters. In der Morgensonne glitzerte der Schnee wie ein stiller See. Das Thermometer zeigte noch minus 16 Grad an. Der Schnee war pulvrig und machte Geräusche wie zerbrechendes Knäckebrot. Der Wagen ihres Vaters war nicht da. Sie musste so tief geschlafen haben, dass sie nichts gehört hatte. Vielleicht war er zu einem neuen Tatort gerufen worden? Sie musste dringend herausfinden, wer das tote Mädchen war.

Auf halbem Weg erkannte sie schon den Rover ihres Großvaters vor dem Haus. Daneben stand ihr Großvater und schippte Schnee weg. Er hatte sie noch nicht gesehen, als sie im Schnee eine zweite Fußspur entdeckte. Die Spur bog ab und verlor sich in dem Wäldchen am Hang und führte zum Haus ihres Großvaters. Alice hatte das Haus fast erreicht, als sie bemerkte, dass die Spur von seinem Haus wegführte, hinauf in das Wäldchen und wieder zurück. Und Alice hätte darüber auch keine Sekunde mehr verschwendet, wenn da nicht etwas gewesen wäre. Ihre Hand begann fast zu zittern, als sie mit ihrer Hand die Größe ausmaß. Dieselbe Größe, doch was noch erdrückender war: Die Sohle war im Fersenbereich gerissen. Wenn es nicht ein nach kosmischer Rechnung unglaublicher Zufall war, dann hatte sie denselben Fußabdruck vor sich, den sie im Wald bei der Leiche und auch am Grab ihrer Mutter gefunden hatte.

Sie näherte sich ihrem Großvater, bis es keinen Zweifel mehr gab. Sie stand hinter ihm, die Stiefel drückten sich in den Schnee und hinterließen ihre unverkennbare Spur. Der Schuh gehörte ihrem Großvater. Alice glaubte den Boden unter den Füßen zu verlieren. Ihr wurde heiß und kalt zugleich. Der gepresste Schnee vom Schneepflug war selbst für Großvater, der sein Leben lang hart gearbeitet hatte, zu viel Gewicht. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sein rechtes Bein zog er leicht hinter sich her. In diesem Augenblick drehte sich ihr Großvater um, die Schneeschaufel wie eine Sense in der Hand.

»Alice, hast du mich erschreckt! Ich habe dich gar nicht gehört. Willst du mir beim Schippen helfen?«

»Nein, ich muss auch bald los«, sagte sie und rang nach Atem.

»Was ist denn? Du siehst aus als, hättest du ein Gespenst gesehen.«

»Es ist nichts. Nur die Kälte.«

»Warum schaust du mich so an? Habe ich noch Rasierschaum im Gesicht?«

»Nein, es ist nichts, Opa.«

Nur dass ich deinen Fußabdruck neben einer Mädchenleiche im Wald gefunden habe …

Die Hände ihres Großvaters strichen ihr über den Kopf. Dieselben Hände, die das Leben eines kleinen Mädchens beendet hatten, ihr Großvater, auf dessen Knie sie schaukelte …

Hoppe, hoppe, Reiter, wenn er fällt, dann schreit er, fällt er in den Graben, fressen ihn die Raben, fällt er in den Sumpf …

Sie wagte nicht, daran zu denken.



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