Die Dunkelheit in den Bergen by Silvio Huonder

Die Dunkelheit in den Bergen by Silvio Huonder

Autor:Silvio Huonder [Huonder, Silvio ]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 978-3-312-00548-2
Herausgeber: Carl Hanser Verlag
veröffentlicht: 2012-05-14T16:00:00+00:00


III

So kam ich den Berg auf in finsteres Tannengehölz, in eine wilde Gegend, wo mir unheimlich zumute war, wenn ich mir die verwilderten Menschen dachte, die hier ringsum wohnen, und wie einsam es hier oben sei.

Jeremias Gotthelf: Wie fünf Mädchen im Branntwein jämmerlich umkommen (Bern 1838)

40 Hostetter und Rauch saßen nicht zum ersten Mal auf einem Pferderücken, aber geübte Reiter waren die beiden nicht. Bisher war Hostetter lieber gefahren als geritten und blickte deshalb skeptisch auf den schlanken Hals seiner Einsiedler Stute. So ging es ihm zu Beginn immer, wenn er sich auf ein Pferd setzte, es erschien ihm wackelig und instabil, der Boden bedenklich weit entfernt. Er wusste aber auch, dass das Gefühl der Unsicherheit nach einiger Zeit von selbst verschwinden würde. Rauch saß etwas tiefer, seine langen Beine reichten weit hinunter, Schultern und Hals seines Freibergers waren breiter. Es schien Rauch nicht übermäßig zu beeindrucken, plötzlich als berittener Landjäger unterwegs zu sein.

Eine Viertelstunde blieben sie im Schritt, dann wollte Hostetter es wissen und klopfte seiner Stute die Hacken in den Bauch. Sofort fiel sie in einen flotten Trab, und er wurde kräftig durchgeschüttelt. Als er sich einigermaßen sicher fühlte und im Sattel umdrehte, sah er, dass der Freiberger hinterhertrabte und dass das lose umgehängte Gewehr Rauch auf den Rücken prügelte.

Es war noch hell, als sie die Moorwiese mit dem Weiher erreichten. Die Mühle und der Stall lagen still dahinter. Nichts verriet, was sich in der vergangenen Nacht hier zugetragen hatte. Sie verließen die Versamer Straße und ritten über die Wiese auf die Mühle zu. Vor dem Stall brachten sie die Pferde zum Stehen.

Im Türspalt tauchte das misstrauische Gesicht des Knechts auf. Was wollt ihr?, fragte er.

Wir müssen mit dir reden!, rief Hostetter.

Während sie abstiegen und die Pferde am Brunnen trinken ließen, betrachtete der Knecht argwöhnisch ihre Waffen. Er wunderte sich über die beiden Männer. Er wusste, dass sie heute mit der Karosse des Verhörrichters zur Mühle gefahren waren, aber jetzt, mit den Pferden, den Gewehren, ihren langen Haaren und den abgetragenen Kleidern, machten sie keinen vertrauenserweckenden Eindruck.

Wer seid ihr überhaupt?, fragte er, ohne die Tür weiter zu öffnen.

Landjäger Hostetter und Landjäger Rauch, sagte der mit den blonden Locken.

So seht ihr aber nicht aus, antwortete der Knecht.

Hostetter berichtete ihm von ihrer kurzfristigen Einstellung und dem Auftrag des Verhörrichters und verlangte, die Kammer zu sehen.

Wieso meine Kammer?

Nachforschungen, sagte Hostetter.

Sie banden die Zügel an einen Zaunpfosten und traten dann auf ihn zu. Zögernd öffnete der Knecht die Tür und ließ sie eintreten. Im Stall war nicht mehr viel Licht. Die Pferde des Müllers scharrten mit den Hufen. Rechts führte eine Tür in die Kammer. Der Knecht stieß sie auf und ging voraus.

Man sieht zu wenig, sagte Hostetter. Hast du kein Licht?

Der Knecht brauchte eine Weile, bis das Talglicht auf dem Tisch brannte. Sie blickten sich gründlich um, aber es gab nicht viel zu entdecken. Tisch, Stuhl, ein Bett, ein Holzbord an der Wand, auf dem Kleidungsstücke und allerlei Kram lagen, eine Pfeife, Lederriemen, Flaschen. Ein paar löchrige Stiefel standen am Boden, Jacken, Mantel, Hut hingen hinter der Tür.



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