Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz by David Gemmell
Autor:David Gemmell [Gemmell, David]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-01-02T05:00:00+00:00
13
Ananais verließ in der Abenddämmerung die Stadt, froh, ihrer lärmenden Beengtheit zu entkommen. Einst hatte er das Stadtleben genossen, mit seinen endlosen Fenstern und Jagden. Es gab schöne Frauen, die er lieben und Männer, mit denen er sich im Ringen oder Schwertkampf messen konnte. Es gab Falken und Turniere und Tänze, da das zivilisierteste westliche Volk in Vergnügen schwelgte.
Aber damals war er der Goldene gewesen – und Gegenstand vieler Legenden.
Er nahm die schwarze Maske von seinem zerfetzten Gesicht, damit der Wind die Narben kühlen konnte. Er ritt einen mit Ebereschen bestandenen Hügel hinauf, glitt aus dem Sattel und setzte sich, um die Berge zu betrachten. Tenaka hatte recht – es hatte keinen Grund gegeben, die Männer der Legion zu töten. Es war ihr Recht gewesen, zurück in die Heimat zu gehen. Mehr noch: ihre Pflicht. Aber Haß war eine starke Kraft, und in Ananais’ Herz hatte der Haß sich tief eingegraben. Er haßte Ceska für das, was er dem Land und dem Volk angetan hatte, und er haßte das Volk dafür, daß es dies zuließ. Er haßte die Blumen wegen ihrer Schönheit und die Luft, weil sie ihn atmen ließ.
Vor allem aber haßte er sich selbst dafür, daß er nicht den Mut fand, sein Elend zu beenden. Was wußten diese Skoda-Bauern von den Gründen, daß er bei ihnen war? Sie hatten ihm am Tag der Schlacht zugejubelt und noch einmal, als sie die Stadt erreichten. ›Schwarzmaske‹ nannten sie ihn – ein Held der Vergangenheit nach dem Abbild des unsterblichen Druss.
Was wußten sie von seinem Kummer?
Er starrte auf die Maske hinab. Selbst darin lag Eitelkeit, denn sie hatte eine Nase. Er hätte genausogut zwei Löcher hineinschneiden können.
Er war ein Mann ohne Gesicht und ohne Zukunft. Nur die Vergangenheit brachte ihm noch Freude – aber gleichzeitig auch den Schmerz. Alles, was er noch besaß, war seine gewaltige Kraft – und die ließ allmählich nach. Er war sechsundvierzig Jahre alt, und seine Zeit lief ab.
Zum tausendsten Mal erinnerte er sich des Kampfes mit dem Bastard in der Arena. Hätte es einen anderen Weg gegeben, das Biest zu töten? Hätte er sich diese Qualen ersparen können? Er ließ den Kampf noch einmal vor seinem geistigen Auge ablaufen. Es gab keine andere Möglichkeit – das Ungeheuer war doppelt so groß und um die Hälfte schneller gewesen als er. Es war ein Wunder, daß er es überhaupt erschlagen hatte.
Sein Pferd wieherte. Es hatte die Ohren flach angelegt und warf unruhig den Kopf hin und her. Ananais setzte die Maske wieder auf und wartete. Nach wenigen Sekunden hörte er den leisen Hufschlag eines trottenden Pferdes.
»Ananais!« rief Valtaya aus der Dunkelheit. »Bist du da?« Er fluchte leise, denn er war nicht in der Stimmung für Gesellschaft.
»Hier drüben! Auf der Leeseite des Hügels.«
Sie ritt heran, glitt aus dem Sattel und warf die Zügel über den Hals des Tieres. Ihr goldenes Haar wirkte im Mondschein silbern, und ihre Augen spiegelten die Sterne wider.
»Was willst du?« fragte er, wandte sich ab und setzte sich ins Gras. Sie zog ihren Mantel aus und breitete ihn auf dem Boden aus, ehe sie sich niederließ.
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