Die Diebe von Soho by Seymour Henry

Autor:Seymour, Henry [Seymour, Henry]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00

18

Am folgenden Morgen brachte Mr. Dixon, wie versprochen, Joe King zu dem großen Verwaltungsgebäude von Scotland Yard. Er wurde in ein Zimmer geführt, wo ihm die Bildkartei vorgelegt wurde. Mr. Dixon entfernte sich unterdessen, um mit ein paar alten Bekannten zu sprechen. Er hoffte, auch ein paar wertvolle Hinweise aufschnappen zu können. Er war noch immer verstimmt darüber, daß er als alter Hase sich mit einem so billigen Trick der Verbrecher hereinlegen hatte lassen. Er war doch gewiß nicht leichtgläubig. Die Chance, jemals wieder seine Schmetterlinge oder das Porzellan zu sehen, war gering. Das verbitterte ihn am meisten.

Joe King blätterte in der Zwischenzeit die Bildkartei aller einschlägig vorbestraften Verbrecher durch. Ein paarmal zögerte er und musterte eines der Bilder schärfer, doch er konnte keinen der Verbrecher wiedererkennen. Er staunte, wie viele Menschen schon mit dem Gesetz in Konflikt gekommen waren. Es war fast zehn Uhr, als man schon das vierte Karteikästchen vor ihn hinstellte. Und da stutzte er plötzlich. Eines der Gesichter, die ihm entgegenblickten, schien ihm bekannt. Trotzdem war er seiner Sache nicht vollkommen sicher. Die engstehenden Augen und die Hakennase kamen ihm sehr bekannt vor, aber trotzdem stimmte etwas nicht. Erst als er sich das Gesicht mit einem dunklen, struppigen Bart vorstellte, kam er zu der Überzeugung, daß es sich um einen der Verbrecher handelte, die er in der vergangenen Nacht bei dem Einbruch überrascht hatte. Er war fast vollkommen überzeugt, daß es sich um den Bärtigen handelte, den er für den Anführer der Bande hielt.

Joe stand rasch auf und ging ins Nebenzimmer, wo zwei Polizeibeamte an ihren Schreibtischen arbeiteten.

»Ich glaube, ich habe einen gefunden«, berichtete er. »Aber schwören kann ich nicht darauf.«

»Na, dann wollen wir mal sehen, wen wir da haben«, meinte der ältere Beamte und folgte ihm.

Joe wies auf das Bild und erklärte, daß der Mann bei dem Einbruch aber einen Bart getragen hatte.

»Das wundert mich nicht«, sagte der Beamte. »Diese Burschen sind ja mit allen Wassern gewaschen und versuchen ständig, ihr Aussehen zu verändern. Am besten sehen wir uns mal die Akte an, die dazu gehört.«

Wenig später lag die Akte vor ihm. Auch Mr. Dixon war in der Zwischenzeit zurückgekehrt und zeigte großes Interesse an Joes Entdeckung.

»Charles Robert Evans, genannt Nobby«, las der Beamte vor. »Gebürtig in Cardiff, siebenundzwanzig Jahre alt, keinen festen Wohnsitz. Wiederholt wegen Diebstahls- oder Einbruchsverdacht festgenommen, aber nur einmal wegen Besitz gestohlenen Schmuckes verurteilt. Ein Jahr im Pentonville-Gefängnis abgesessen und mit Bewährungsfrist vorzeitig entlassen. Seit fast zwei Jahren liegt nichts mehr gegen ihn vor.«

»Das könnte einer der Knaben sein, hinter dem wir her sind«, sagte Mr. Dixon. »Er ist ja kein unbeschriebenes Blatt mehr. Es sieht so aus, als habe er im Gefängnis nur gelernt, wie man nicht so leicht erwischt wird. Haben Sie eine Ahnung, wo er jetzt steckt?«

»Leider nicht«, mußte der Beamte zugeben. »Manchmal wünsche ich mir, es gäbe in England ein strengeres Meldegesetz wie in vielen anderen Ländern, weil wir dann unsere schweren Burschen etwas genauer im Auge behalten könnten. Aber davon wollen die Politiker ja leider nichts wissen.

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