Die DDR-Spionage des BND by Ronny Heidenreich
Autor:Ronny Heidenreich
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Ch. Links Verlag
veröffentlicht: 2019-10-15T00:00:00+00:00
Auflösung von KgU und UfJ
Mit Gründung des Bundesnachrichtendienstes lagen für die Organisation Gehlen verbesserte Rahmenbedingungen vor, mit den nachrichtendienstlich tätigen Ostbüros der westdeutschen Parteien und den amerikanisch finanzierten Organisationen zu kooperieren. Die CIA signalisierte bereits 1954, dem künftigen BND eine engere Zusammenarbeit zu den amerikanisch gestützten Organisationen zuzugestehen. Dazu trug bei, dass die »Konzentrierten Schläge« der ostdeutschen Spionageabwehr den Rückzug der amerikanischen Dienste aus dem operativen Geschäft beförderten. Zum anderen sollte mit Blick auf die Aufhebung des Besatzungsstatutes die bislang unter amerikanischer Ãgide von den antikommunistischen Organisationen betriebene Propagandaarbeit in der DDR jetzt stärker mit der Bundesregierung koordiniert werden.449 Vor diesem Hintergrund nahm die Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit 1954 wieder Kontakte zu westdeutschen Regierungsstellen auf.450 Franz Thedieck, bei dem die Kampfgruppenführung nunmehr um Unterstützung ersuchte, signalisierte derweil zur Freude der Pullacher Führung, der im BMG unterhaltene »nachrichtendienstlichen Apparat« könnte künftig nach Pullach abgegeben werden.451 Im Juni 1954 gestattete Gehlen mit Rückendeckung des CIA-Stabes dem Westberliner Führungsexponenten, offiziell an die Leitungen von KgU, UfJ und ähnliche Organisationen heranzutreten.452
Trotz dieser erfreulichen Anzeichen wurde die Aussicht auf eine Ãbernahme dieser Organisationen gedämpft. Zwar seien die Amerikaner bereit, wie Critchfield Ende 1954 wiederholte, hinsichtlich dieser Gruppen »je nach Entwicklung der Souveränitätsfrage nach einem halben bis einem Jahr die Leitung ganz in deutsche Hände zu legen«. Doch solange nichts entschieden sei und »USA-Mittel gegeben würden, wollen die USA auch dirigieren«.453 Bis auf weiteres sei jegliche Anwerbung von Mitarbeitern dieser Gruppen oder gar eine Zweitverwertung von dort abgezweigtem Material strikt verboten.454 Vielleicht um die Chancen auf eine Ãbernahme und die Beziehungen zur CIA nicht zu beschädigen, wurden noch bestehende Kontakte in die Kampfgruppe, soweit sie in der Zentrale bekannt waren, abgebrochen.455 Dazu gehörte die Abschaltung einer Sekretärin in der KgU-Leitung, die bis zum Sommer internes Material, vor allem aber die periodischen KgU-Berichte geliefert hatte. Dieser freiwillig, unfreiwillige Verzicht hatte zur Folge, dass in Pullach selbst auf das offizielle Kampfgruppen-Material verzichtet werden musste. Deshalb wurde das Kanzleramt um die »regelmässige Ãberlassung« der dort eingehenden Berichte gebeten.456
Die späteren Verhandlungen über eine Ãbernahme bzw. Weiterverwendung der KgU übernahm auf BND-Seite im Gegensatz zur ersten Hälfte der 1950er Jahre nicht mehr die Beschaffungsabteilung. Federführend war jetzt die Abteilung »Psychologische Gegenwirkung« unter Hermann Foertsch. Vielleicht sollte so der Eindruck vermieden werden, man sei an den nachrichtendienstlichen Ressourcen nicht mehr interessiert. Tatsächlich war der Wert der KgU als Informationslieferant aus der DDR nach mehreren geglückten Einbrüchen des MfS gesunken. Dennoch arbeiteten einige Bereiche wie die mit Militärspionage gegen die KVP bzw. NVA befasste Abteilung erfolgreich weiter. Das blieb auch dem BND nicht verborgen. Noch 1957 wurde mit Blick auf die gut beurteilten Kampfgruppenberichte gegenüber dem Kanzleramt klargestellt, es sei »ausgeschlossen, dass die KgU solche Meldungen ohne eigene ND-Arbeit erhalten« würde.457
Zu diesem Zeitpunkt hatten die Skandale um die KgU ein Ausmaà erreicht, das eine baldige Auflösung oder Zerschlagung der Kampfgruppe erwarten lieÃ. Der BND war in den Debatten allerdings nur Zaungast und verhielt sich abwartend.458 Entscheidend für eine Beteiligung des Bundesnachrichtendienstes war das Votum der amerikanischen Partner. Critchfield bedeutete Gehlen Anfang 1958, die nachrichtendienstlichen
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