Die Braut des Kreuzfahrers by Hilke Mueller

Die Braut des Kreuzfahrers by Hilke Mueller

Autor:Hilke Mueller [Mueller, Hilke]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
veröffentlicht: 2013-10-15T22:00:00+00:00


27

Bertran, Marie und die beiden Knechte kehrten kurz danach zurück. Sie hatten sich eine Weile herumgeprügelt, aber da Roger de Briard reglos am Boden lag und seinen Knechten keine Befehle geben konnte, hatte man bald voneinander abgelassen. Dennoch war die Schlägerei nicht ohne Spuren geblieben. Besonders der arme Bertran sah übel aus, sein linkes Auge war zugeschwollen und über den Handrücken zog sich ein tiefer Schnitt, der von einem Dolch stammte. Tiessa besah die Verletzung und wollte in die Küche laufen, um einen Verband vorzubereiten. Doch Maries kurze Bemerkung ließ sie innehalten.

»Wenn du ihn erschlagen hast, wird das Gericht dich verurteilen.«

Erst in diesem Augenblick wurde ihr klar, was sie angerichtet hatte, und blankes Entsetzen packte sie.

»Du glaubst, er könnte an diesem kleinen Schlag auf den Kopf sterben? Aber … er ist doch ein Kämpfer, er hat bei der Eroberung der Stadt mitgewirkt …«

»Ein sachter Schlag an der richtigen Stelle bewirkt oft mehr als Schwerter und Katapulte«, beharrte Marie.

Tiessa starrte die Magd an und sah dann hinüber zu Bertran, dessen linke Gesichtshälfte inzwischen wie ein Hefegebäck aufblühte. Er schien Maries Meinung zu teilen und nickte traurig.

»Sie war es nicht – ich habe den Schlag geführt«, erklang die weiche, leise Stimme der jungen Sarazenin. »Vor jedem Gericht will ich dieses Geständnis ablegen und mit heiligen Eiden beschwören. Das bin ich dir schuldig, denn du hast mich gerettet.«

»Ihr seid ja alle vollkommen verrückt«, schalt Tiessa. »Weshalb sollte er tot sein? Gewiss hat er einen harten Schädel und wird bald wieder aufwachen.«

»Dein Wort in Gottes Ohr, Tiessa!«

Die Neuigkeit machte die Runde im Haus, doch da man andere Sorgen hatte, erhielt Tiessa wenig Trost. Beatrice seufzte nur und schalt Tiessa eine unbedachte Person, die sich und andere ohne Not in Schwierigkeiten brachte. Dann schickte sie Marie und zwei Knappen zum Markt, schließlich waren sie ohne Einkäufe zurückgekehrt.

Yolanda lag auf ihren Polstern und fieberte so heftig, dass sie Tiessa kaum erkannte. Sie verlangte nach gewässertem Wein. Tiessas schüchterne Versuche, ihr das schlimme Geschehen zu schildern, scheiterten schon im Ansatz. Yolanda fantasierte.

»Die roten Vögel … Fang sie ein, Tiessa … So fang sie doch ein, sie wollen mir mit ihren Schnäbeln in die Augen hacken …«

Tiessa lief in die Küche, um einen Trank zu bereiten, doch als sie in dem Stoffbeutel nach getrockneten Kräutern suchte, stellte sie fest, dass Weidenrinde, Salbei und Arnika fast aufgebraucht waren.

»Nimm von den Pflanzen, die dort im Innenhof stehen«, sagte die junge Sarazenin, die erschöpft in einer Ecke auf dem Boden saß und von Marie einen Becher mit Wasser erhalten hatte.

»Kennst du dich mit diesen Kräutern aus?«

»Nur mit einigen. Doch es ist Habbah al-baraka dabei, die schwarzen Staubgefäße helfen gegen das Fieber.«

Tiessa hatte die weißen, fünfblättrigen Blüten schon bewundert, jetzt lernte sie, wozu man die Pflanze nutzen konnte. Die Staubgefäße mussten gepflückt und mit einem Mörser zerquetscht werden. Das schmierige, dunkle Öl, das so gewonnen wurde, war das Heilmittel.

»Es ist nicht viel, aber du kannst es überall in der Stadt kaufen. Es gibt eine große Zahl von Heilkräutern in den Läden.«

Tiessa war im Zweifel, ob Yolanda dieses Öl zu sich nehmen würde.



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