Die Bettelprophetin by Fritz Astrid

Die Bettelprophetin by Fritz Astrid

Autor:Fritz, Astrid [Fritz, Astrid]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
Tags: Belletristik/Historische Romane, Erzählungen
ISBN: 9783499252501
Herausgeber: rororo
veröffentlicht: 2013-10-31T16:00:00+00:00


Pünktlich zum Ravensburger Liederfest Ende Juni schrieb der Amtschirurg sie für gesund, und die Armenkommission entließ sie aus der Obhut des Spitals.

Es war die alte Magd gewesen, die Theres die Stellung bei Wagnermeister Anton Senn vermittelt hatte. Clara hatte in Ravensburg ihr ganzes langes Leben verbracht und kannte hier Gott und die Welt. Obwohl sie nur eine einfache Frau war, hatte sie in den Bürgerhäusern einen guten Ruf, und man achtete auf ihre Meinung. Auf diese Weise hatte Clara schon manch eine der Hospitalitinnen in Lohn und Brot gebracht. Für Theres schien sie sich ganz besonders verantwortlich zu fühlen, auch wenn sie zum Glück nie wieder ein Wort über Maria Bronner verloren hatte. Auch wenn Theres wusste, dass sie ihr einiges zu verdanken hatte, ging ihr Claras mütterliche Fürsorge gehörig gegen den Strich, erst recht, als sie sich auf die Suche nach einer Anstellung für sie machte. Immerhin war Theres ein Leben lang ohne eine Mutter ausgekommen. Und so folgte sie nun fast widerwillig dem Spitalvater ins Amtslokal der Armenstiftung. Dort würde Anton Senn auf sie warten, um sie in Augenschein zu nehmen.

«Ich rate dir, betrag dich ordentlich», knurrte der Spitalvater. «Der Wagner ist ein angesehener Mann in der Stadt, und wenn er dich nimmt, kannst du von Glück sagen. Hast du deine Zeugnisse?»

«Ja.» Theres holte den Umschlag aus ihrer Schürzentasche. Sie musste an das Pfarrhaus und an Peter Konzet denken. Wie gut hatte sie es im Grunde dort gehabt – wäre dieser Mann nur ein bisschen weniger schwermütig gewesen! Im Gegensatz zu Konzet hatte die Schönfärberin ihr ein höchst miserables Zeugnis ausgestellt: Sie zeige wenig Fleiß und sittliches Betragen, verbunden mit grobem Benehmen. Damit würde dieser Wagnermeister sie ohnehin nicht haben wollen.

Anton Senn war ein kräftiger, dunkler Mann mit Backenbart und kurzsichtigen Augen, die er beim Gespräch ständig zusammenkniff. Dadurch wirkte er auf den ersten Blick grimmig und unnahbar, doch sein Händedruck war fest und seine Begrüßungsworte überraschend freundlich.

«Du bist also die Theres Ludwig, von der die gute Clara erzählt hat. Wie alt bist du?»

«Im Herbst werd ich siebzehn.»

«Ein bissle dürr scheinst mir. Wo warst vor deiner Krankheit?»

«Bei den Schönfärbers in der Marktgasse.»

Senn lachte auf. «Dann wundert mich nix. Bei der Alwina ist Schmalhans Küchenmeister, zumindest fürs Dienstpersonal. Wie lange hast es denn dort ausgehalten?»

«Fast zwei Jahre.»

«Oho! Immerhin.»

Danach folgten Fragen, ob sie auch kochen und nähen, rechnen und schreiben könne.

Nachdem Theres alles bejaht hatte, wollte sie ihm die Zeugnisse reichen. Der Wagnermeister winkte ab.

«Lass stecken. Was die Alwina geschrieben hat, kann ich mir denken. Ich nehm dich, weil ich dringend jemanden brauch. Bin nämlich Witwer, und meine Magd ist erst neulich verstorben. Und meine Jüngste, die Einzige, die noch im Haus lebt, ist ein faules Stück. Also, was ist? Fängst morgen bei mir an?»

Theres nickte beklommen. Als der Spitalvater ihr einen Stoß in den Rücken gab, räusperte sie sich und sagte laut und vernehmlich: «Ja, Herr Wagnermeister. Sehr gerne.»

«Gut. Komm morgen Abend zu uns. Dann kannst dich vorher noch auf dem Liederfest vergnügen.»



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