Die Bestimmung Bd. 1 - Die Bestimmung by Veronica Roth

Die Bestimmung Bd. 1 - Die Bestimmung by Veronica Roth

Autor:Veronica Roth
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-11-07T05:00:00+00:00


19. Kapitel

Ich platze mitten in eine Versammlung. Fast alle Initianten – sowohl die gebürtigen Ferox als auch die anderen – stehen zwischen den Betten und umringen Peter. Mit beiden Händen hält er ein Blatt Papier fest.

»Die Massenflucht unter den Kindern der Altruan-Anführer ist auffällig und kann nicht bloßem Zufall zugeschrieben werden«, liest er vor. »Der erst vor Kurzem erfolgte Wechsel von Beatrice und Caleb Prior, den Kindern von Andrew Prior, lässt Zweifel aufkommen an der Seriosität der Werte und Lehren der Altruan.«

Mich überläuft es kalt. Christina, die am Rand der Gruppe steht, dreht sich um und sieht mich. Als ich ihren besorgten Blick bemerke, bleibe ich abrupt stehen. Mein Vater. Jetzt greifen die Ken schon meinen Vater an.

»Aus welchem anderen Grund sollten die Kinder eines so einflussreichen Mannes sich entscheiden, die Lebensweise, die er ihnen vorgelebt hat, nicht mehr für die vortrefflichste zu halten?«, fährt Peter fort. »Molly Atwood, die ebenfalls zu den Ferox übergetreten ist, vermutet, dass möglicherweise Verhaltensstörungen und Missbrauch in der Erziehung daran schuld seien. ›Einmal habe ich gehört, wie sie im Schlaf gesprochen hat‹, erzählt Molly. ›Sie hat gesagt, ihr Vater solle aufhören, etwas zu tun. Ich weiß nicht, was es war, aber sie hatte Albträume davon.‹«

Das also ist Mollys Rache. Sie muss den Ken-Reportern Auskunft gegeben haben, mit denen Christina sich angelegt hat. Wenn ich ihr die krummen Zähne ausschlage, tue ich ihr womöglich sogar noch einen Gefallen.

»Was ist hier los?«, frage ich. Jedenfalls will ich es fragen, aber meine Stimme klingt erstickt und heiser. Ich muss mich räuspern, ehe ich es wiederholen kann. »Was ist hier los?«

Peter hört auf zu lesen und einige Leute drehen sich um. Manche sehen mich wie Christina bedauernd an, aber die meisten feixen und werfen sich vielsagende Blicke zu. Peter ist der Letzte, der sich mit einem breiten Grinsen im Gesicht zu mir umdreht.

»Gib das her«, sage ich und strecke die Hand aus. Mein Gesicht glüht.

»Ich bin noch nicht fertig mit dem Lesen«, antwortet er hämisch. Er überfliegt das Blatt wieder. »Aber vielleicht ist die Antwort nicht bei einem moralisch verderbten Mann zu suchen, sondern in den überkommenen Wertvorstellungen einer ganzen Fraktion. Vielleicht lautet die Antwort darauf, dass wir unsere Stadt allzu leichtfertig frömmelnden Tyrannen anvertraut haben, die nicht wissen, wie sie uns aus der Armut in den Wohlstand führen können.«

Ich renne hin und will ihm das Papier aus der Hand reißen, doch er hält es so hoch über meinen Kopf, dass ich es nicht zu fassen kriege, es sei denn, ich springe danach. Aber ich werde nicht springen. Stattdessen trete ich mit dem Absatz, so fest ich kann, auf seine Zehenwurzeln. Er beißt die Zähne zusammen, um nicht aufzustöhnen.

Dann stürze ich mich auf Molly. Ich hoffe, sie mit der schieren Wucht meines Angriffs umzuwerfen, aber ehe ich ihr etwas tun kann, legen sich kalte Hände um meine Taille.

»Das ist mein Vater!«, schreie ich. »Mein Vater, du Feigling!«

Will zieht mich von ihr weg und hebt mich hoch. Ich atme stoßweise, ich muss das Blatt Papier zu fassen kriegen, ehe jemand noch ein Wort davon liest.



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