Die Australia-Saga by Mirja Hein

Die Australia-Saga by Mirja Hein

Autor:Mirja Hein
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Lübbe AG
veröffentlicht: 2017-01-08T16:00:00+00:00


29

Der Rausch des donnernden Applauses ließ Ava für einen Augenblick die Enttäuschung darüber vergessen, dass Daniel ihren triumphalen Erfolg nicht miterleben konnte, weil er vor einer Woche zu seiner Tournee aufgebrochen war.

Sie trat strahlend an die Rampe und verbeugte sich noch einmal vor dem vor Begeisterung tobenden Publikum. In der ersten Reihe sah sie Professor Logan euphorisch klatschen. Seine Anwesenheit versöhnte sie wenig mit der Tatsache, dass Daniel nicht dabei sein konnte. Neben ihm saß ihr Gesangsprofessor Frank Tyler, der diese Inszenierung mit seinen Studenten auf die Bühne gebracht hatte und schier vor Stolz platzte. Ava deutete auf ihn und dankte ihm für das Vertrauen, das er in seine Studenten gesetzt hatte, während Gregor, der Kollege, der die Rolle des Don José gesungen hatte, den Professor nach oben auf die Bühne holte. Der Beifall brandete noch einmal auf, und Ava sonnte sich darin. Sie war zweifelsohne der Star des Abends, was sich zeigte, als sie noch einmal allein auf die Bühne geschickt wurde. Der Applaus, der ihr galt, war mit Abstand der stürmischste.

Doch als sie schweißnass und in einem wahren Glückstaumel in ihre Garderobe, die sie als Einzige allein nutzen durfte, zurückkehrte und die Tür hinter sich zuzog, verließ diese berauschende Stimmung sie sofort, und das schale Gefühl, das sie begleitete, seit sie Daniels Verlobte geworden war, ergriff wieder Besitz von ihr.

Sie setzte sich auf den Stuhl vor dem Schminkspiegel und starrte missbilligend auf ihr Spiegelbild. Wie hatte die Maskenbildnerin vorhin begeistert geschwärmt? »Bei Ihnen benötigen wir ja gar keine braune Paste. Sie haben von Natur aus den idealen Teint der Carmen.« Keine Frage, sie hatte das als ein großes Kompliment gemeint, aber Ava hatte schnippisch erwidert, sie bestehe auf einer Zigeuner-Schminke, denn die Maskenbildnerin wolle doch nicht ernsthaft behaupten, sie besitze die Hautfarbe einer Zigeunerin. Die Maskenbildnerin hatte erschrocken entgegnet, natürlich sei das nicht der Fall.

Aber was sie weitaus stärker belastete, war die Erinnerung an Daniels Versuch, sich nach ihrer gemeinsamen Nacht aus der Affäre zu ziehen. Es ärgerte sie maßlos, dass diese Geschichte ihre Gedanken sogar am Abend ihres phänomenalen Triumphes dominierten, aber sie konnte nichts dagegen tun. Während sie im Spiegel mit finsterer Miene ihr dunkelbraun angemaltes Gesicht betrachtete, zog das entsetzliche Erwachen in Daniels Bett in allen Einzelheiten an ihr vorbei, als wäre es gerade gestern gewesen:

Sie wacht auf, und bevor sie sich fragen kann, wo sie sich befindet, sieht sie in ein Paar schreckgeweiteter Augen, die sie anstarren, als würden sie einen Geist sehen.

»Daniel, was ist mit dir?«, fragt sie irritiert. »Ich bin es doch, Ava.«

»Ja, das … das sehe ich doch, aber, aber … wieso, ich meine, warum …?« Die nackte Panik steht ihm ins Gesicht geschrieben.

Sie versucht zu lächeln, aber Daniels Miene ist wie versteinert.

»Ava, sag mir, was geschehen ist. Ich weiß, dass die Frage nicht höflich ist, aber ich muss es wissen. Warum liegst du in meinem Bett?«

Avas Lächeln gefriert zur Maske. »Sag bloß, du weißt das nicht mehr?«

»Was soll ich wissen? Was, Ava?« Seine Stimme klingt verzweifelt.

»Dass du mich geliebt hast wie ein Mann eine Frau«, entgegnet sie ungerührt.



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