Die 101 wichtigsten Fragen: Orden und Klosterleben by Altmann Petra

Die 101 wichtigsten Fragen: Orden und Klosterleben by Altmann Petra

Autor:Altmann, Petra
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783406613821
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 2014-12-21T00:00:00+00:00


46. Gehorsam: Was ist heute darunter zu verstehen? Bei der ewigen Profess, also dem feierlichen, öffentlich vorgetragenen Gelöbnis, sich auf ewig an das Ordensleben zu binden, legen die Ordensleute drei Gelübde ab: Bei den Benediktinern sind dies Beständigkeit, klösterlicher Lebenswandel und Gehorsam. Gerade der Begriff «Gehorsam» hat heute einen etwas negativen Beigeschmack. Man denkt an Unterwürfigkeit, Befehlsempfang und mangelnde Eigeninitiative. Bei genauerer Betrachtung stellt man aber fest, dass in diesem Wort der Begriff «hören» steckt. Der heilige Benedikt spricht daher auch vom Kloster als einer «Schule des Hörens». Hören meint dabei nicht gedankenloses Befolgen von Vorgaben oder Befehlen, sondern hinhören, aufmerksam sein, auch, dem Anderen Gehör schenken, also ihn achten und das, was er tut und sagt, beachten.

Benedikt möchte keine Duckmäuser im Kloster, die innerlich murrend das ausführen, was ihnen der Obere vorgibt, sondern er schreibt: «Ein Gehorsam … ist nur Gott angenehm und für die Menschen beglückend, wenn der Befehl nicht zaghaft, nicht saumselig, nicht lustlos oder gar mit Murren oder Widerrede ausgeführt wird.» (Regel Benedikt, Kap. 5, 14) Leichter gesagt als getan.

Wie wird heute in Klöstern mit dem Thema «Gehorsam» umgegangen? In der Ausbildung der Novizen wird auf den Gehorsam großer Wert gelegt. Dabei gibt es natürlich von Kloster zu Kloster verschiedene Ausprägungen. Ich habe Frauenklöster erlebt, in denen der Nachwuchs keine Briefe schreiben durfte, Telefonate nur zu wenigen Gelegenheiten erlaubt waren und das Kloster nicht verlassen werden durfte. Ich erinnere mich an Gespräche, in denen Novizinnen, die erst in fortgeschrittenerem Alter ins Kloster eingetreten waren, tränenreich berichteten, dass sie nicht zur Beerdigung einer verstorbenen Freundin gehen oder ihrer Nichte zum Geburtstag schreiben durften. Solche Fälle gibt es durchaus. Die Klostervorsteherin wollte die Prüfungszeit möglichst streng gestalten. So sollten die Kandidatinnen sich darüber klar werden, ob sie dem Klosterleben wirklich gewachsen waren. Nach meinem Eindruck herrschen diesbezüglich in Frauenklöstern noch strengere Regeln als in Männerklöstern. Aber auch dort muss der Obere in vielen Dingen gefragt werden, beispielsweise wenn man außerhalb des Klosters etwas zu erledigen hat, Außenkontakte pflegen oder persönliche Geschenke behalten möchte. Man muss sich an der Gemeinschaft orientieren und darf keine eigenen Wege gehen, wenn man sich für das Leben hinter Klostermauern entscheidet. Vor allem für Menschen, die bereits über einige Lebenserfahrung verfügen und ihren eigenen Hausstand hatten, bevor sie ins Kloster eintraten, ist dies nicht einfach. Deshalb dauert die Prüfungszeit vor der endgültigen Aufnahme ins Kloster rund fünf Jahre. Manch einer erkennt in dieser Zeit, dass dies nicht der für ihn geeignete Weg ist. Und hin und wieder erlebt man, dass sich selbst langjährige Ordensmitglieder über Anordnungen durch die Klosterleitung beklagen, die sie nicht nachvollziehen können. Des Öfteren mangelt es auch in diesen Häusern – wie überall im zwischenmenschlichen Leben – an der Kommunikation.



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