Deutsche Kolonialgeschichte by Winfried Speitkamp
Autor:Winfried Speitkamp
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Reclam Verlag
veröffentlicht: 2014-09-14T16:00:00+00:00
7 Stadt und Kultur in den Kolonien
Urbanisierung und Stadtentwicklung
Zu den vielfältigen sozialen Herausforderungen, die das Kolonialsystem mit sich brachte, gehörte die Urbanisierung. Die Gebiete, die das Deutsche Reich seit 1884 in Besitz genommen hatte, waren fast durchweg ländlich und agrarisch geprägt, städtische Siedlungen gab es nur vereinzelt, in manchen Gebieten wie Südwestafrika überhaupt nicht. Städtischen Charakter hatten vor allem einige Hafenorte, Handelszentren und Karawanenpunkte an der ostafrikanischen Küste wie Tanga, Bagamojo und Kilwa. Im Laufe der Kolonialzeit erlebten manche alten Ansiedlungen ein beschleunigtes Wachstum, andere verloren an Bedeutung. Zudem entstanden neue Zentren gemäß den militärischen, administrativen und kommerziellen Bedürfnissen, aber auch gemäß den klimatischen Bedingungen und den kulturellen Prioritäten der Europäer. Das schnelle Stadtwachstum schuf soziale und hygienische Probleme und verlangte planerische Eingriffe der Kolonialverwaltung in die Stadtentwicklung. Bauordnungen regelten Straßenführung, Siedlungsverteilung und Baugestaltung.
Tsingtau war schon vor der deutschen Übernahme 1897 ein Handels- und Hafenort mit Verwaltungs- und Militärgebäuden, einem Tempel sowie dichter Bebauung durch Lehmhäuser. Doch für größere Dampfschiffe war der Hafen nicht geeignet. Unter deutscher Herrschaft änderten sich Struktur und Bild der Stadt rapide. Der Ausbau des Hafens und eine neue Mole erlaubten auch das Anlegen großer Dampfschiffe, die 1899 begonnene, 1904 fertig gestellte Eisenbahnlinie stellte die Verbindung zu den Kohle- und Erzlagern im Inneren des Pachtgebietes her. Die Vorkommen erwiesen sich freilich als nicht so ertragreich wie erhofft, Tsingtau wurde kein gewerbliches Produktionszentrum, sondern blieb ein Verkehrs- und Handelszentrum. Als solches expandierte es dank der neuen Infrastruktur schnell, die Einwohnerzahl stieg von 15 593 im Jahr 1902 auf 55 611 im Jahr 1913. Darunter waren 53 312 Chinesen, 2069 Europäer und Amerikaner sowie 230 andere Asiaten; hinzu kamen 2400 Soldaten der deutschen Garnison. Früh griff die deutsche Verwaltung steuernd ein, schon 1898 lag neben der Landordnung Wilhelm Schrameiers auch ein Entwicklungs- und Bebauungsplan vor. Das Stadtgebiet wurde aufgeteilt, der bessere Teil für Europäer reserviert. Hygienische Erwägungen verbanden sich dabei mit sozialen Abgrenzungsbemühungen. In den Europäervierteln wurden westliche Standards von Belüftung und Hygiene zugrunde gelegt. Im Geschäftsviertel durften nur 60 Prozent der Bodenfläche bebaut werden, im Villenviertel sogar nur 30 Prozent, bei Eckbebauung 40 Prozent. Die Straßen waren durchschnittlich 20 Meter, manche bis zu 25 Meter breit. Auch die Bauhöhe war begrenzt. In den Vierteln, die Chinesen vorbehalten blieben, war dagegen eine sehr viel dichtere Bebauung zulässig, erst recht in den an den Rand verlagerten Vierteln der Kulis, der aus dem Binnenland zugewanderten Lohnarbeiter, wo die Straßen in der Regel nur sechs bis zehn Meter breit waren. Die chinesischen Arbeiter lebten zudem in engen Bauagglomerationen. Seit Anfang 1914 erlaubte die deutsche Verwaltung wohlhabenden Chinesen die Ansiedlung im Europäerviertel. Wasserwerke (1901/08) und Schmutzwasserkanalisation (seit 1903) kamen erst den Europäervierteln zugute, mit einigen Jahren Verzögerung wurden die chinesischen Viertel angeschlossen. Die Überlegenheitsgefühle gegenüber Chinesen waren ungebrochen, die Vorurteile gegen Sitten und Lebensweise der Einheimischen massiv, die räumlichen Abgrenzungsbemühungen deutlich, aber im engen Sinn rassenbiologisch dachte man dabei nicht.
In Ostafrika knüpften die Deutschen an ältere Pläne des Sultans von Sansibar an, als sie 1887 Daressalam als Militärstation und Sitz der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft ausbauten.
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