Der zweite Weltkrieg by Gerhard Schreiber

Der zweite Weltkrieg by Gerhard Schreiber

Autor:Gerhard Schreiber [Schreiber, Gerhard]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783406627163
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 2013-02-20T23:00:00+00:00


3. Weltpolitische Entscheidungen

im zweiten Halbjahr 1941

Im Sommer 1941 scheint Hitler alles für machbar gehalten zu haben. Mitte Juli sprach er – überzeugt, dass der Ostfeldzug bereits gewonnen sei – gegenüber Tokyos Botschafter Oshima absichtsvoll von einem globalen antiamerikanischen Offensivbündnis. Nach „Barbarossa“ könnten und sollten Deutschland und Japan gemeinsam die Vereinigten Staaten „vernichten“.

Das Hirngespinst eines Weltblitzkriegs mag Hitler kurzzeitig fasziniert haben. Als geschichtsträchtiger erwies sich die Tatsache, dass sich nach dem Angriff auf die Sowjetunion eine informelle „Anti-Hitler-Koalition“ anbahnte. Eine Grand Alliance zwischen London, Moskau und Washington, die über ein ungeheures Wirtschaftspotential und 75 % der personellen sowie materiellen Reserven der Erde verfügte. Zu Beginn der neuen strategischen Frontbildung übernahmen amerikanische Truppen am 7. Juli britische Stützpunkte auf Island. Praktisch wurden die von Berlin zum uneingeschränkten Operationsgebiet erklärten Gewässer um die Insel damit in eine von Präsident Roosevelt definierte Sicherheitszone einbezogen. Ferner erhielt die US Navy, nach dem Angriff eines deutschen U-Boots auf einen ihrer Zerstörer, am 11. September Schießbefehl gegen Kriegsschiffe der Achsenmächte, die in Seegebieten operierten, die für die eigene Verteidigung wichtig erschienen. Da Hitler daran lag, die Vereinigten Staaten bis zum Sieg über Stalin vom Krieg fernzuhalten, nahm er die Provokation hin. Vom selben Tag stammt ein Memorandum des Generalstabs (Joint Chiefs of Staff committee), das, den Kriegseintritt vorausgesetzt, die militärische Niederwerfung des Dritten Reichs und die Wahrung der Integrität der Philippinen, Malayas, Niederländisch-Indiens, Australiens, Burmas sowie Chinas empfahl. Die weltumfassende Dramatik des zweiten Halbjahrs 1941 erreichte am 9. Oktober, als sich der Präsident für den beschleunigten Bau der Atombombe entschied, ihren Höhepunkt: ein schicksalhafter Entschluss.

Bereits am 12. Juli hatten London und Moskau ein Übereinkommen unterzeichnet, in dem sie sich im Krieg gegen „Hitler-Deutschland“ totale Unterstützung zusicherten und einen Sonderfrieden oder einseitigen Waffenstillstand ausschlossen. Stalin wollte eigentlich mehr. Um die mit dem Rücken zur Wand kämpfende Rote Armee zu entlasten, drängte er die britische Regierung seit dem 18. Juli, auf dem europäischen Kontinent eine zweite Front zu errichten. Das Vereinigte Königreich sah sich hierzu außerstande.

Große Schwierigkeiten der sowjetischen Kriegführung resultierten aus den riesigen Materialverlusten, die Stalins Truppen 1941 erlitten. Roosevelt und Churchill wussten das, und anlässlich bilateraler Beratungen vom 9. bis 14. August – die das Ziel der „endgültigen Zerstörung der Nazi-Tyrannei“ bestätigten und mit der Verkündung von in der Atlantik-Charta zusammengefassten Friedenszielen endeten – schlugen sie Stalin deshalb eine Drei-Mächte-Konferenz vor. Experten sollten klären, was die Sowjetunion sofort brauchte. Amerikaner, Briten und Sowjets verhandelten darüber ab dem 28. September in Moskau. Sie vereinbarten, dass der Roten Armee bis zum Juni 1942 Flugzeuge, Panzer, 5000 Jeeps und 85.000 Lastkraftwagen geliefert würden. Im Hinblick darauf erwies sich der Einmarsch von sowjetischen sowie britischen Truppen in den neutralen, aber deutschfreundlichen Iran (25.8.41) als vorteilhaft. Danach konnten nämlich neben Murmansk und Archangel’sk auch die Häfen des Persischen Golfs für die Versorgung der Sowjetunion mit Waffen, Gerät und Gütern aller Art genutzt werden.

Stalin zeigte sich allerdings von den Besprechungsergebnissen enttäuscht. Aus seiner Sicht blieb die Sowjetunion unnötigerweise ganz auf sich allein angewiesen. Das traf zwar nicht zu, doch sein früher Argwohn wirkte sich nachhaltigst auf die sowjetische Politik aus.



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