Der strahlendste Stern von Hollywood by Laura Baldini

Autor:Laura Baldini [Baldini, Laura]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Piper ebooks
veröffentlicht: 2022-10-26T22:00:00+00:00

Liebster, bester Freund,

ich suche nach Antworten, und du bleibst sie mir schuldig. Warum? Dein Weggehen kommt mir immer noch so sinnlos vor. Lag es an mir? Hätte ich irgendetwas tun können?

Ich wünschte, du würdest dein Schweigen brechen.

Dein Jimmy

Los Angeles, Hollywood,

Dezember 1932

George Cukor besaß ein Haus am Cordell Drive, in den Hügeln oberhalb des Sunset Boulevard. Anfangs war es bloß ein bescheidenes Grundstück gewesen, doch mit jedem Kinoerfolg war sein Anwesen gewachsen. Mittlerweile gehörten ihm mehrere Hektar Land, und aus dem kleinen Bungalow war eine stattliche Villa geworden. Hinter dem Gebäude befand sich ein lang gestreckter Swimmingpool. Von dort aus führte ein Weg zu einer Art Aussichtsplatz mit Marmorsäulen, von wo man die gesamte Umgebung überblicken konnte.

George Cukor liebte es, Freunde zum Essen einzuladen, und seine Dinnerpartys waren legendär. Seit Kates Leinwanderfolg waren Laura und sie regelmäßige Gäste bei ihm.

Im Sommer saß man im Garten, im Winter wich man ins Wohnzimmer oder in den Speisesaal aus. George Cukor hatte ein Faible für schöne, teure Dinge. Die Wand über dem Kamin schmückte eine Originalpastellzeichnung von Renoir, die eine Frau mit Regenschirm zeigte. Von der Decke im Speisezimmer hingen Kristalllüster aus Frankreich, das Geschirr war teures Porzellan aus Meißen, die Bleikristallgläser stammten aus einer Manufaktur in Böhmen.

Bei Cukor traf sich die Elite Hollywoods: Schauspieler, Drehbuchschreiber, Agenten und Produzenten. Man sah berühmte Gesichter, die einen Dauerauftritt in den Zeitungen genossen, aber auch diejenigen, die sich lieber im Hintergrund hielten und von dort aus die Fäden zogen. Einer von ihnen saß Kate heute gegenüber: Leland Hayward. Den ganzen Abend schon musterte der Agent Kate mit unverhohlener Neugier. Er war groß, schlank und hatte ein kantiges Gesicht mit einem ausdrucksstarken Kinn. Wie alle anwesenden Männer trug er einen maßgeschneiderten Anzug, und das brünette Haar war mit Wachs modisch nach hinten gelegt. Er bemühte sich um Kates Aufmerksamkeit, was ihr schmeichelte. Charmant verwickelte er sie in angenehmen Small Talk, erzählte kleine Anekdoten aus seinem Arbeitsalltag als Agent und lachte über Kates Scherze, wenn sie ihm antwortete. Kate fand ihn durchaus attraktiv und genoss den Flirt.

»Stimmt es, dass Sie Ihren nächsten Film mit einer Regisseurin machen werden?«, erkundigte er sich.

»Ja, ich freue mich schon auf die Zusammenarbeit mit Dorothy Arzner.«

»Eine Verschwendung, dass sie bloß hinter der Kamera steht«, meinte Leland. »Sie ist eine äußerst hübsche Frau, die auch vor der Kamera eine gute Figur machen würde.«

»Ich hoffe doch sehr, dass Sie die Qualitäten einer guten Schauspielerin nicht ausschließlich an ihrem Äußeren festmachen«, erwiderte Kate.

»Selbstverständlich nicht«, antwortete Leland mit gespielter Empörung.

»Auch wenn man nicht dem gängigen Schönheitsideal entspricht, kann man große Erfolge auf der Bühne oder vor der Kamera feiern«, fuhr Kate fort. Schmerzlich erinnerte sie sich an die bösen Bemerkungen von Leslie Howard, der sie von Anfang an vor den Kollegen beleidigt hatte. »Schönheit ist immer subjektiv. Was dem einen gefällt, findet der andere hässlich.«

Leland beugte sich über den Tisch und blickte Kate so tief in die Augen, dass ihr heiß wurde. »Wollen Sie etwa behaupten, dass es Menschen gibt, die Sie unattraktiv finden?« Er zog den einen Mundwinkel nach oben.

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