Der neue Pitaval : Teil 11 by Willibald Alexis & Julius Eduard Hitzig

Der neue Pitaval : Teil 11 by Willibald Alexis & Julius Eduard Hitzig

Autor:Willibald Alexis & Julius Eduard Hitzig [Alexis, Willibald & Hitzig, Julius Eduard]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Sammlung, Reportage
Herausgeber: Brockhaus
veröffentlicht: 1858-12-31T23:00:00+00:00


Euphemie Lacoste

1843-1844

Henri Lacoste war ein reicher Grundbesitzer im Departement Gers in der Gascogne. Er lebte auf dem Schlosse Philibert, welches zur Gemeinde Riguepeu gehörte. Der jüngste überlebende von drei Brüdern, hatte er deren Vermögen, etwa 700,000 Francs, in seiner Hand vereinigt. Am 31. Mai 1841 heirathete er, selbst schon 68jährig, seine 22jährige Großnichte Euphémie Vergès, ein Mädchen von großer Schönheit. Er hatte sie erst im Jahre 1839 kennen lernen, als eine ihrer Schwestern ihre Hochzeit feierte; schon damals beschloß er sie zu heiraten, aber er hatte noch zwei Jahre gewartet, um ihr vorher die ihr noch fehlende Erziehung geben zu lassen. Sie war, im Verhältniß zu der Größe des Lacoste’schen Vermögens, unbemittelt. Man konnte demnach die Heirath als ein Glück, als eine Versorgung auf das Alter für die junge Euphémie betrachten, welche auch nichts unterließ, um ihre Zufriedenheit mit ihrem Schicksale auszudrücken.

Es herrschte anfangs das innigste Verhältniß zwischen den Gatten; Henri Lacoste war roh und, wie alle Menschen ohne sittliche Bildung, von willkürlichen Launen; er war außerdem geizig und trotz seines hohen Alters liederlich. Doch wußte seine Frau in alle seine Wünsche sich zu fügen; sie befriedigte alle ihm an sie zustehenden Ansprüche; ja sie ging noch weiter, sie leistete ihm Dienste, die gewöhnlich wol nicht aus Pflichtgefühl, sondern nur aus höchster Zärtlichkeit geleistet werden: sie rasirte ihn und wusch ihm die Füße. Henri Lacoste fühlte sich ganz glücklich, wie er es öfters zu seinen Freunden aussprach, und machte am 1. Juli 1843 ein Testament, worin er seine Frau zur Universalerbin einsetzte.

Aber bald nachher änderte sich die Stimmung unter den Eheleuten; schon ein Jahr nach seiner Verheirathung machte Henri Lacoste, wie er früher sein Glück ihnen nicht verschwiegen, jetzt seinen Bekannten über sein unglückliches Verhältniß nicht sparsame Mitteilungen, und in den härtesten Ausdrücken. Er wollte vielen Grund zu Beschwerden haben. Dahin gehörte, daß ihm seine Frau keinen Erben schenkte, den er sehnsüchtig wünschte.

So eifrig war der Siebziger darauf aus, noch ein Kind zu erhalten, auf welchem Wege es auch sei, daß er deshalb sein Glück bei Andern versuchte. So machte er sogar seinem Dienstmädchen wiederholte Anträge. Begreiflicherweise gab er seiner Frau auch seinerseits dadurch Grund zu Beschwerden. Von ihrer Seite wird es nicht sowol Eifersucht gewesen sein, als die Furcht, daß der Alte ein Kind bekomme, oder zu bekommen glaube, dem er sein Vermögen zuwende. Die beiderseitige Unzufriedenheit stieg immer höher, sodaß Henri Lacoste im April 1843 äußerte: er habe die Absicht, die Erbeseinsetzung seiner Frau aufzuheben.

Zu den Besuchern des Lacoste’schen Hauses gehörte damals der Schullehrer von Rigueveu, Namens Meilhan. Er war in demselben Alter wie Lacoste, und dem allgemeinen Rufe nach zu urtheilen, nicht von bessern Sitten. Er wohnte bei dem Wirth des Dorfes Riguepeu, Lescure. Die Eheleute Lacoste stiegen, so oft sie nach dem Dorfe kamen, bei Lescure ab und hatten daher bei jedem Besuche Gelegenheit mit dem alten Schulmeister zusammen zu treffen.

So geschah es auch, als sie Dienstag am 16. Mai 1843 auf den Markt nach Riguepeu gingen. – Lacoste hatte dort noch mehrere Geschäfte zu besorgen,



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