Der leiseste Verdacht by Helena Brink

Der leiseste Verdacht by Helena Brink

Autor:Helena Brink [Brink, Helena]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2006-11-13T09:13:39+00:00


PM und Roffe fanden Kalle Svanberg in der Werkstatt hinter dem Kuhstall, wo er gemeinsam mit seinem erwachsenen Sohn einen Traktor reparierte. Begrüßungen wurden ausgetauscht, und Roffes höfliche Frage, ob sie ein Problem mit dem Traktor 244

hätten, quittierten Vater und Sohn mit unbeschwertem Lachen und der Versicherung, es sei nicht schlimmer als üblich. Kalle Svanberg war ein hoch aufgeschossener, hagerer Mann mit kantigen Gesichtszügen. Obwohl seine Haare schneeweiß waren, konnte er kaum älter als sechzig sein. Sein Sohn war schwarzhaarig, doch im Übrigen ein Abbild seines Vaters, wenn auch in einer jüngeren Ausgabe. Beide hatten einen ausgesprochen freundlichen und offenen Blick und nahmen ihren Gästen prompt das Versprechen ab, doch zum

Kaffeetrinken zu bleiben. »Roffe und ich sind gerade bei Nisse gewesen«, sagte PM, als sie den Hofplatz überquerten.

»Was du nicht sagst!«, rief Kalle überrascht. »Und er hat euch wirklich ins Haus gelassen?«

»Ja, natürlich, wir sind eine ganze Weile bei ihm gewesen.«

Als Signe Svanberg vor dem Haus erschien, kam eine ausgelassene Stimmung auf. Roffe wurde Zeuge, wie PM sie um die Hüften fasste und auf dem Hofplatz in einem wilden Tanz mehrmals herumwirbelte. Die Szene wirkte grotesk, weil Signe Svanberg eine überaus üppige und schwergewichtige Frau war, mindestens dreimal so breit wie PM.

Danach wurde die ganze Gesellschaft in eine große, helle Küche gebeten, in der es nach frisch gebackenem Brot duftete.

Für Roffe stand sie in befreiendem Kontrast zu der Küche, die sie eben verlassen hatten. Wohlgefällig blickte er sich um.

Freundliche Schränke aus Kiefernholz, sauber schimmernde Bänke, farbenfrohe handgewebte Flickenteppiche auf dem Boden und Geranien in den Fenstern. Er lächelte Signe strahlend an. In ihrer Gesellschaft würde das Kaffeetrinken eine reine Freude sein.

Nachdem sie eine Weile über Gott und die Welt geredet hatten, sagte PM: »Roffe und ich haben uns gerade über Knigarps trauriges Schicksal unterhalten, und dabei denke ich nicht nur an so bedauerliche Zwischenfälle wie die Leiche in der 245

Jauchegrube, sondern an den allgemeinen Verfall, den wir in den letzten Jahren mit ansehen mussten.«

»Zu Zeiten deines Onkels war Knigarp wirklich ein

Musterhof«, sagte Signe.

Kalle nickte zustimmend. »Ja, Anders Hammar hat das großartig gemacht«, sagte er. »Sicher gibt es viele, die ihn vermissen. Und was für ein Händchen er für die Tiere hatte.«

»Aber er hat sich auch wirklich abgerackert, um den Hof in Schuss zu halten«, warf Signe ein. »Und viel Hilfe hatte er nicht dabei, seit Lilly krank wurde. Seine Söhne haben an Knigarp ja nie Interesse gezeigt. Natürlich hat Nisse ihm mit den Tieren geholfen, aber das ist auch alles. Den Ackerbau hat er selbst betrieben, und ich habe ihm oft gesagt, er solle sich Hilfe holen, aber das hat er nie getan. Er hat es als seine Berufung empfunden, für diesen Hof zu schuften. Ein Jammer, dass seine Söhne ihn nicht übernehmen wollten. So war er gezwungen, ihn zu verkaufen, als er nicht mehr genug Kraft hatte.«

»Das ist ja das Tragische an Knigarp«, pflichtete PM ihr bei,

»dass sich niemand dem Hof wirklich verbunden gefühlt hat, seit Anders ihn verkaufen musste.«

»Außer Nisse«, sagte Kalle. »Er arbeitet doch seit mindestens vierzig Jahren dort und ist auf seine Weise mit ihm verwachsen.



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