Der arme Konrad: Historischer Roman (German Edition) by Jürgen Seibold

Der arme Konrad: Historischer Roman (German Edition) by Jürgen Seibold

Autor:Jürgen Seibold [Seibold, Jürgen]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Silberburg-Verlag
veröffentlicht: 2015-03-09T16:00:00+00:00


Hannes und Katharina kamen mit der Stimmung im Dorf nicht besonders gut zurecht. Einerseits platzten sie schier vor Glück, weil Hannes endlich wieder jeden Tag im Flecken war, weil Katharina ihn auf der Baustelle besuchen konnte, um ihm mittags ein Vesper zu bringen oder um einen kurzen Schwatz mit ihm zu halten, wenn er kurz Pause machen konnte. Andererseits litten sie mit den Huetlins, die erst den tragischen Unfalltod von Linda und dann vor allem noch den Verlust von Erna Huetlin verkraften mussten.

Die Beerdigung von Linda fiel nicht besonders groß aus. Hannes hatte von seinem Meister die Erlaubnis eingeholt, zum Friedhof gehen zu dürfen, und der Zimmermann ließ die Arbeiten während der Zeremonie selbst natürlich ruhen. Aber außer Hannes wollte niemand der übrigen Handwerker der Magd die letzte Ehre geben. Buchner und Urban hatten sie immer nur flüchtig gesehen, aus der Nähe, wenn sie ihnen zu essen oder zu trinken brachte, und aus der Ferne, wenn sie die Sachen von den anderen Mägden bringen ließ. Von den Hilfsarbeitern kannte sie nur Jerg Beder, und der hatte keine Lust, sich für Linda mitten unter der Woche in seinen Sonntagsstaat zu zwängen.

Es war ein recht kleiner Zug, der dem Sarg zum Grab folgte. Pfarrer Schefflen ließ sich von Vikar Röhm vertreten, Kaplan Heinsberger schritt sehr würdig hinter ihm drein. Zwei ältere Brüder waren von Winterbach herübergekommen, Hannes hatte sie ein paar Mal flüchtig gesehen, wenn ihn Meister Buchner zum Vesperholen zum Metzger geschickt hatte. Sonst war niemand aus Lindas Familie da – er hatte aufgeschnappt, dass ihre Eltern einst durch einen Karrenunfall gestorben waren. Nach den Brüdern folgten schon Vater und Sohn Huetlin und ihre Bediensteten, danach kamen nur noch die Vertreter der Familien Gais und Schreiner, und natürlich Jerg Beders greise Mutter Rotraud und ihre zwei besten Freundinnen – die alten Frauen verpassten keinen Gottesdienst und auch sonst keine Gelegenheit, zu der es Gebet, Gesang und gesetzte Worte gab.

Hannes musterte vor allem seinen Freund aufmerksam, und er hätte es nicht sicher sagen können, aber das ein oder andere Mal kam es ihm so vor, als würden Josts Augen feucht schimmern. Er raunte Katharina eine entsprechende Bemerkung zu, und sie sah ganz gerührt zu ihm hinüber. Inzwischen tat ihm der Spott leid, mit der er seiner Freundin von dem vermuteten Techtelmechtel von Linda und Jost berichtet hatte. Vielleicht hatte es zwischen den beiden ja wirklich mehr gegeben.

Der Streit mit seinem alten Freund kam ihm in den Sinn, der wütende Ausdruck in seinem Gesicht, als er ihm Vergeltung angedroht hatte, auch die Annäherungsversuche, von denen ihm Katharina immer wieder erzählt hatte.

»Seltsam«, ging es Hannes durch den Kopf, »dass man manchen Leuten alles verzeihen will, auch wenn sie nichts mehr für die alte Freundschaft tun.«

Das Begräbnis von Erna Huetlin in der Woche darauf war von ganz anderem Kaliber als die schlichte Bestattung der verunglückten Magd, und natürlich ließ es sich Pfarrer Schefflen diesmal nicht nehmen, die Trauerrede zu halten. Flankiert von Kaplan, Vikar und Stiftspfleger sowie von einigen Ministranten erging er sich in schwelgerischen



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