Der Zufall kann mich mal by Martin Gülich

Der Zufall kann mich mal by Martin Gülich

Autor:Martin Gülich
Format: epub
Herausgeber: Thienemann Verlag Verlag
veröffentlicht: 2015-05-22T16:00:00+00:00


Ma-Maar schmeißt eine Runde

und macht komische Geräusche

Jo hat sich das linke Bein gebrochen. Irgend so eine Hundert-Kilo-Bombe aus ihrer Mannschaft hat ihr im Training beim Schießen das Standbein weggegrätscht, aber gebrochen hat sie sich das andere, weil sie ganz schief auf dem Boden aufgekommen ist und die Hundert-Kilo-Bombe obendrauf, und da ist das Bein hinüber gewesen.

»Wie ein Stöckchen, knacks, ab!«, hat Jo gesagt und dabei gelacht, als wäre so ein abgeknackstes Bein nicht viel mehr als ein Schnupfen.

Ist es vielleicht auch nicht, zumindest, wenn man weiß, dass es wieder zusammenwächst und man irgendwann den Gips abbekommt und bald schon wieder herumhüpft wie früher, aber ich finde trotzdem, dass man über so was nicht lachen sollte. Jo hat einen Gips das ganze Bein hoch und muss an Krücken gehen, und obwohl sie gar nicht hinkt, sondern eher so komisch hoppelt, sagen jetzt alle, dass wir ein Traumpaar sind. Angefangen hat Jana damit, und die anderen haben gelacht, auch Luca, der am lautesten, dabei hätte er bestimmt am meisten dagegen.

Jo ist übrigens erst nach der Mathearbeit in die Schule gekommen, was bestimmt nicht die schlechteste Idee gewesen ist, weil Ma-Maar gerade auf so einem »Ich zeig euch jetzt mal, wie schlecht ihr seid«-Trip ist, und ich bin mir sicher, dass bei ein paar von den Aufgaben sogar die Besten aus der Oberstufe ins Schwitzen gekommen wären. Mathe ist grundsätzlich eigentlich ganz o. k. bei mir, nicht wirklich gut und nicht wirklich schlecht, o. k. eben, aber mit der Arbeit hat Ma-Maar eine neue Zeitrechnung eingeläutet. Selbst Ben hat nach der Stunde gestöhnt, und Ben stöhnt eigentlich nie, außer vielleicht, wenn er Verstopfung hat, und die hat er in der Tat oft. Aber heute hat er keine Verstopfung gehabt und gestöhnt hat er, weil er nur fünf von acht Aufgaben fertigbekommen hat, und wer Ben kennt, der weiß, dass ihn das schon in die Nähe von Selbstmordgedanken wegen Komplettversagens bringt. Ich hab zwei Aufgaben fertigbekommen und noch mal drei halb, und die restlichen hab ich noch nicht mal angefangen, was mich zwar nicht in die Nähe von Selbstmordgedanken bringt, aber ziemlich sicher in die einer Fünf, und ich weiß nicht, ob die beim Unterschreiben zu Hause noch mal so locker durchgeht wie die Vier im Vokabeltest.

Remo hat gar keine Aufgabe zu Ende gerechnet, hat aber immerhin alle versucht, und vielleicht, so sagt er, bekommt er irgendwo einen halben Punkt für einen besonders lustigen Lösungsweg. Trotz allem ist er guter Laune gewesen, vielleicht auch deshalb, weil der Abend gestern am Ende doch nicht so schlimm verlaufen ist, wie gedacht.

»Ich glaube, er hat nur eine Flasche Wein getrunken. Keine Ahnung, wo er die gefunden hat, aber die leere Flasche hat heute früh in der Küche gestanden.«

»Und was hat er, ich meine, hat er was gesagt?«

Remo hat den Kopf geschüttelt.

»Kein Wort, und ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen ist.«

»Na ein gutes«, hab ich sofort erwidert, »er hätte dich ja auch total zusammenscheißen können.«

»Genau«, hat Remo gesagt, »aber das wäre immerhin mal eine Reaktion gewesen.



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