Der Wanderchirurg: Roman by Serno Wolf

Der Wanderchirurg: Roman by Serno Wolf

Autor:Serno, Wolf [Serno, Wolf]
Die sprache: deu
Format: epub
Google: 1ctFYAAACAAJ
Herausgeber: Kaufhof-Warenhaus
veröffentlicht: 2008-02-14T23:00:00+00:00


Doch sie hatten Glück. Das gute Wetter hielt an, und jeder Tag war ein Sonnentag. Vitus und der Magister hatten mittlerweile ihre >Gefängnisfarbe<, wie Orantes es nannte, verloren. Ihre Köpfe und Oberkörper waren tief gebräunt. So kam der letzte Tag dieser arbeitsamen Woche. Orantes, die Zwillinge, Vitus und der Magister hatten den ganzen Vormittag ohne Pause geschuftet, denn sie wollten mit der Arbeit fertig werden. Endlich, als die Sonne am höchsten stand, legte Orantes die Sichel aus der Hand. »Essenspause!«, verkündete er. »Ich habe einen Bärenhunger!«

Alle ließen sich am Feldrand nieder und warteten auf Gago, der die Suppe bringen sollte. Doch eine halbe Stunde verging, ohne dass der Kleine erschien. »Wo bleibt der Junge nur?«, knurrte Orantes. Weitere zehn Minuten verstrichen. Auf der anderen Seite des abgeernteten Feldes sah Vitus ein paar Kinder, die lärmend vorbeizogen.

Einige von ihnen erkannte er als diejenigen, die letzte Woche den Spottvers auf Gago gesungen hatten. Dann herrschte wieder Ruhe, nur der Wind strich singend über die Stoppeln.

»Ich verstehe das nicht!« Aus Orantes Worten klang jetzt echte Sorge. »Er ist doch sonst so zuverlässig.«

»Ja, seltsam.« In Vitus schoss plötzlich ein Gedanke hoch. Er sprang auf. »Ich laufe mal rasch zum Flussufer!«

»Wieso denn, was ist denn?« Orantes erhob sich ebenfalls, der Magister tat es ihm gleich. Vitus, der schon ein ganzes Stück voraus war, gab keine Antwort. Die beiden Männer hetzten hinter ihm her. »Was hast du nur? So warte doch!«

Wenige Augenblicke später erreichte Vitus das Flussufer an der Stelle, an der er mit Gago geangelt hatte. Direkt am Wasser entdeckte er das Kochgeschirr für das Mittagessen, es lag umgestürzt im halbhohen Gras.

»Gago!«, schrie Vitus, sich umblickend. »Gago!« Er spitzte die Ohren, doch nur das Rascheln des Schilfs und das Plätschern des Flusses waren zu hören.

»Caaagooo!« Das war der Ruf von Orantes, der unterdessen mit dem Magister herangekommen war.

»Da!« Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Vitus etwas gesehen zu haben: einen kleinen Haarschopf im Wasser - Gago!

Ohne zu zögern, sprang er in den Fluss. Er war kein guter Schwimmer, doch er legte seine ganze Kraft in die Armzüge, um den Jungen zu erreichen, bevor die Strömung ihn fortgetrieben hatte. Als er auf gleicher Höhe mit ihm war, versuchte er, die Kleidung zu packen, doch immer wieder griff er ins Leere. Seine Kräfte ließen schon nach, da spürte er endlich Stoff zwischen den Fingern.

Wasser schluckend und keuchend schob er sich unter den Leib des Kindes und strebte mit ihm ans rettende Ufer.

»Lebt er? Oh Gott, was machen wir nur?« Orantes'

Stimme war heiser vor Angst, als er seinen Jungen in Empfang nahm. »Umdrehen ...«, keuchte Vitus, »... auf den Bauch.« Nur langsam kam er wieder zu Atem.

Orantes und der Magister beeilten sich, die Anweisung zu befolgen, aber kein Lebenszeichen kam aus dem kleinen Körper. Vitus raffte sich auf. Es ging jetzt um Sekunden. Er griff dem Jungen von beiden Seiten unter die Hüfte und hob sie ruckartig an. Wieder und wieder. Beim dritten Mal schließlich ging ein Zucken durch den Jungen, ein großer Schwall Wasser schoß aus seinem Mund.



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