Der Viehhaendler von Duelken - Historischer Kriminalroman vom Niederrhein by Burkhardt Gorissen
Autor:Burkhardt Gorissen [Gorissen, Burkhardt]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: KBV Verlags- Medien
veröffentlicht: 2015-02-26T16:00:00+00:00
21. Bild: Der einsame Cäsar
Also Ende Juni 1636. An windfrischen Tagen roch die Luft nach Blüten oder Dung. So auch an diesem Tag. Wir schrieben, genau gesagt, den 29. Sobald es wärmer wurde, vermischten sich die Gerüche zu einer seltsamen Melange, die eher streng- als wohlriechend herüberwehte. Erst im Sommer, wenn die langen Sommertage den Dung austrockneten, dominierten die Wohlgerüche.
An jenem sonnigen 29. Juni 1636 eilte Lorenz, der Knecht, mit schweren Schritten aus den Stallungen herbei. Sein schiefes Gesicht, das im Profil aussah wie eine Mondsichel, von Narben übersät, plierte schief, als wollte es sagen: »Ich hab genug davon, kommandiert zu werden.«
»Ist der Gaul parat?«, fragte mein Vater. Sein ockerfarbenes Wams, seine blanken Reitstiefel, der taubengraue Regenumhang, das flache, tellerartige Samtbarett, das er schräg ins Gesicht zog, all das zeugte davon, dass er zu den Wohlhabenden gehörte, und darauf legte er großen Wert. Wie er überhaupt, seit er mit José Alemán zusammenarbeitete, nicht mehr unter Minderwertigkeitsgefühlen litt. Nein, das ist nicht richtig, sein ganzes inneres Wesen setzte sich aus nichts anderem als durch Ehrgeiz getarnte Minderwertigkeitsgefühle zusammen.
Jeden Tag ließ mein Vater sein Pferd, den gestriegelten Rappen, aus dem Stall führen, verschaffte sich mit einem kräftigen Ruck den nötigen Schwung zum Aufsitzen und ritt in betulichem Trab über den Marktplatz, wie ein König, der sein Reich inspiziert. Danach beendete er seinen morgendlichen Ausritt, kehrte in den Hof unseres neuen Hauses auf dem Domhof zurück, das er der Witwe Brockers abgeknöpft hatte. Das größte Haus der Stadt, wie er nicht müde wurde zu betonen. Nach dem kurzen Ausritt übergab er den Rappen dem Knecht Lorenz und ging in sein Kontor, in dem ein eichenes Stehpult stand, ein blank polierter Tisch mit gedrechseltem Lehnstuhl und eine Kommode mit drei Schubfächern, deren Aufsatz Sortierfächer, Schubfächer und Aussparungen für Tinte und Pergamente enthielt, und das, obwohl mein Vater nur leidlich schreiben konnte und seine Geschäfte normalerweise per Handschlag abschloss. Die Kommode ließ sich mit einem nach vorne ausklappbaren Pultdeckel verschließen, der im geöffneten Zustand als Schreibplatte diente, doch meistens zugeklappt blieb. Ein aufgeschlagenes Buch lag darauf. Mein Vater gab etwas dafür, als gebildet zu erscheinen.
Die Geschäftsreisen, die mein Vater unternahm, waren nicht mehr von unkalkulierbar großen Gefahren begleitet. Durch den Raub seiner Viehherde kurz hinter Hamburg war er ein gebranntes Kind. Auf längeren Unternehmungen eskortierte ihn eine kleine Privatarmee von Söldnern, die José Alemán mit der ganzen Kriegskunst eines kampferprobten Hauptmannes führte.
Als Erstgeborener wurde ich von meinem Vater eingearbeitet. Die harte Schule, Süßholzraspeln war nicht angesagt. Wir verstanden uns nicht, doch das eherne Gebot »Du sollst Vater und Mutter ehren« erlaubte mir nicht den leisesten Anflug von Widerstand. Anstatt mit Onkel Job philosophische Theoreme zu diskutieren, füllte ich Zahlenreihen aus und ertrug Weisheiten wie »Lehrjahre sind keine Herrenjahre« oder »Es ist besser, die Faust in der Tasche zu ballen«. Ich führte ›eine Armee in meiner Faust‹, sie gelangte nicht einmal auf den Tisch, geschweige denn in das Gesicht meines Vaters. Und so kam es noch einmal zu einer Begegnung mit Jan von Werth. Alemán hatte dank seiner Kontakte das Geschäft eingefädelt, und mein Vater bestand darauf, dass ich mitkam.
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