Der Trotzkopf by Emmy von Rhoden

Der Trotzkopf by Emmy von Rhoden

Autor:Emmy von Rhoden
Die sprache: de
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2011-01-09T15:06:00.296000+00:00


Nun war alles wieder im alten Geleise!

Der Unterricht hatte begonnen und Miß Lead war wenige Tage nach Neujahr von ihrer überseeischen Reise zurückgekehrt. Sie hatte sechs junge Engländerinnen mitgebracht, die kein Wort Deutsch verstanden und sehr viel Heimweh hatten.

Nellie versuchte es, sie zu trösten, aber sie verschlossen sich starr gegen jedes Trosteswort, sie fühlten sich unglücklich im fremden Lande. Sie wollten nicht Deutsch lernen, sie haßten diese Sprache und die Menschen, erklärten sie. Lange Jammerbriefe sandten sie in die Heimat, in denen sie die Angehörigen himmelhoch baten, sie wieder zurückkehren zu lassen.

Es war diese Art und Weise nichts Auffallendes und nichts Neues. Fräulein Raimar legte keinen Wert darauf, ähnliche Erfahrungen machte sie stets mit den Engländerinnen. Es war schon vorgekommen, daß diese oder jene sich vornahm, zu verhungern, und Speise und Trank hartnäckig verweigerte. Vor Hunger gestorben war indes noch keine, wenn der Magen zu energisch sein Recht verlangte, entsagten sie dem Hungertode.

»Ich mag meine Landsmänner gar nicht sehr!« bemerkte Nellie eines Tages zu Ilse. »Die Deutsche liebe ich mehr. Ich will nicht zurück in meine Heimat.«

»Landsmänner!« wiederholte Ilse. »Gleich sage einmal, wie es richtig heißt. Neulich habe ich es dir erst gesagt.«

»O ja, ich weiß, Landsfrauen heißt es,« verbesserte sich Nellie.

»Du bist klassisch!« lachte Ilse laut. »Lands–männ–innen heißt es. Sag einmal nach – so – und nun vergiß dieses Wort nicht wieder, du liebe, englische Deutsche! Du bist auch ganz anders wie deine Landsmänninnen, lange nicht so steif, so zurückhaltend und so hochmütig wie die! Sie sehen immer auf uns herab, als ob sie sagen wollten: ›Gott sei Dank, daß ich keine Deutsche bin!‹«

»O nein!« wehrte sich Nellie, in der plötzlich der Nationalstolz wach wurde, »so schlimm darfst du nicht sagen! Es hat den Schein, daß sie hochmütig sind, weil sie dir nicht verstehen, sie macht ein fremdes Gesicht, weiter nix!«

»Sie sind hochmütig, Nellie!« neckte Ilse. »Entschuldige deine langweiligen Engländerinnen nicht. Eben sagtest du selbst, daß du sie nicht leiden möchtest.«

Das gestand Nellie zu. Sie meinte aber, sie selbst könne so sprechen, ein gleiches Urteil aus einem andern Munde könne und dürfe sie nicht anhören. Sie wolle es auch nicht.

»Du bist doch aber ganz wunderlich, Nellie,« lachte Ilse, »Doktor Althoff würde sagen: ›Sie haben verdrehte Ansichten, Miß Nellie.‹«

»O nein,« entgegnete Nellie eifrig und leicht errötend, »Doktor Althoff würde mir verstehn. Er weiß, wie es in mein Herz aussieht!«

Das kam Ilse äußerst komisch vor und sie neckte die Freundin damit sehr. »Er hätte viel zu thun, wenn er in alle eure Herzen blicken wollte!« rief sie lachend, »und wenn er sich wirklich einmal die Mühe gäbe, so würde er euch schön verhöhnen, dich und alle die andern, die ihr für ihn schwärmt.« –

Ilse lernte jetzt mit rechtem Eifer und schon längst war ihr das Arbeiten keine Last mehr. Das Zeichnen machte ihr besondre Freude, und seitdem der Papa so glückselig über die ihm geschenkte Rose geschrieben, strebte sie darnach, auch das zu erreichen, was derselbe in seiner blinden Liebe zu ihr schon erreicht sah. Er hielt sie bereits für eine



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