Der Traum der Hebamme Roman by Sabine Ebert
Autor:Sabine Ebert
Die sprache: de
Format: mobi, epub
ISBN: 9783426411643
Herausgeber: Knaur e-books
veröffentlicht: 2011-08-16T22:00:00+00:00
Albrecht trat zwei Schritte vor, spreizte sich und verkündete im vollen Bewusstsein der Wirkung, die seine Worte hervorrufen würden: »Majestät, ich klage den Landgrafen von Thüringen an, eine Verschwörung zu Eurer Ermordung zu betreiben!«
Dabei streckte er die Hand in übertriebener Pose gegen Hermann aus.
Dieser entgegnete sofort mit dröhnender Stimme: »Das ist eine Lüge!«
Nun trat er ebenfalls zwei Schritte vor, noch bevor der Kaiser etwas sagen konnte, und sank vor ihm auf ein Knie.
»Eure Majestät, ich bin bereit, auf das Kreuz oder die Heilige Schrift zu schwören, dass ich weder an einer Verschwörung beteiligt bin, um Euch zu ermorden, noch Kenntnis von solch einer Ungeheuerlichkeit habe. Gott ist mein Zeuge!«
Die Anspannung im Saal unter den Zeugen dieses Wortwechsels schien zum Greifen, auch wenn niemand ein Wort wagte. Jedermann starrte auf den Kaiser. Wie würde er entscheiden?
War dies das Ende für den Thüringer? Oder für den Meißner?
Sich vollkommen dessen bewusst, dass alle auf seine Entscheidung warteten, sah Heinrich lauernd von Hermann zu Albrecht.
»Habt Ihr Beweise für eine dermaßen schwerwiegende Anschuldigung, Markgraf?«
Das war die Frage, die Albrecht gern vermieden hätte, denn trotz Elmars Bemühungen blieb dies leider der Schwachpunkt seiner Anklage. Aber es gab einen anderen Weg, und er war entschlossen, aufs Ganze zu gehen.
»Majestät, ich bin bereit, die Richtigkeit meiner Worte mit einem Gottesurteil unter Beweis zu stellen.«
Nun brandete ein unglaubliches Stimmengewirr im Saal auf. Ein Gottesurteil, ein Zweikampf zwischen zwei Reichsfürsten, von denen der Unterlegene an Ort und Stelle hingerichtet würde, weil Gott ihn als Schuldigen aufgezeigt hatte! Würde der Kaiser das zulassen?
Und wer würde aus diesem blutigen Kampf als Sieger hervorgehen?
Die Fürsten – zumindest die weltlichen, aber auch manche geistlichen – waren durchweg kampfgestählte Männer, die sofort mit prüfenden Blicken herauszufinden versuchten, wie die Chancen der Kontrahenten standen. Sie waren etwa gleich alt und beide erfahrene Kämpfer. Andererseits lag bei einem Gottesurteil die Entscheidung bei Gott. Nun würde sich zeigen, ob Hermann dem Kaiser wegen des Streits um Thüringen immer noch feindselig gesinnt war. Allerdings, so überlegte mancher im Saal ganz nüchtern: Hermann regierte Thüringen, weshalb also sollte er dem Kaiser zürnen und ihn ermorden wollen?
Heinrich hob die Hand, um Ruhe zu erzwingen, ein donnernder Ruf Markwards von Annweiler unterstützte ihn dabei.
»Ihr wagt viel, Albrecht von Wettin«, sagte der Kaiser mit schleppender Stimme. »Seid Ihr Eurer Sache so gewiss? Eure Familie neigt anscheinend dazu, auf Hoftagen solche Herausforderungen auszusprechen. Hat nicht Euer Oheim Dietrich von Landsberg einst in Magdeburg den Welfen Heinrich den Löwen zum Zweikampf auf Leben und Tod herausgefordert?«
Mit einer Geste schnitt er Albrechts Antwort ab. Die Sache war allgemein bekannt, jener Zweikampf hatte nie stattgefunden, weil der Löwe zum anberaumten Tag nicht antrat, und außerdem lagen die Dinge damals anders: Kaiser Friedrich von Staufen und Kaiserin Beatrix persönlich hatten den im Umgang mit dem Schwert legendären Landsberger zuvor unter sechs Augen gebeten, diese Herausforderung auszusprechen – in der Hoffnung, der Löwe würde deshalb zum dritten Mal einer Ladung des Kaisers nicht folgen und konnte geächtet werden, was dann auch geschah.
Diesmal hingegen, so beurteilte Heinrich die Lage, plusterte sich nur ein rachsüchtiger Gernegroß auf, um einem Gegner eine verlorene Schlacht heimzuzahlen.
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