Der Todesprophet by Karlden Chris

Der Todesprophet by Karlden Chris

Autor:Karlden, Chris [Karlden, Chris]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aufbau Digital
veröffentlicht: 2016-08-19T16:00:00+00:00


32

Nicoles roter Mini stand an der Straße vor Schillings Haus in der Spreetalallee. Ben parkte den Camaro in der zum Haus zugehörigen Garageneinfahrt und rannte zur Haustür. Sie war nur angelehnt, was sein ungutes Gefühl nur noch verstärkte. Sein Puls raste vor Aufregung, als er in den schmalen dunklen Flur des Hauses trat.

»Nicole, Lisa, seid ihr da?«, schrie Ben. Doch es kam keine Antwort.

Auf dem Weg vom Prenzlauer Berg zu Schillings Haus in Charlottenburg waren Ben zwei Streifenwagen entgegengekommen. Ein weiterer fuhr sogar längere Zeit hinter ihm her. Ben konnte währenddessen nur hoffen, dass Schillings Zimmergenosse noch nicht bemerkt hatte, dass seine Autoschlüssel fehlten, sonst hatte er den Camaro sicher schon als gestohlen gemeldet. Es war ihm nichts anderes übriggeblieben, als die vorgeschriebene Geschwindigkeit peinlichst genau einzuhalten, damit er der Polizei keinen Grund gab, ihn anzuhalten und nach seinen Papieren zu fragen. Nach einer gefühlten Ewigkeit war der Streifenwagen hinter ihm abgebogen. »Nicole? Lisa?«, schrie er noch einmal. Wieder kam keine Reaktion, und im Haus des Hellsehers blieb es mucksmäuschenstill. Immer wieder rief er beim Durchschreiten des langgezogenen Flures Nicoles und Lisas Namen und warf dabei einen Blick in die angrenzenden Zimmer. Und mit jedem Rufen, auf das keine Antwort kam, wuchs die Verzweiflung in ihm.

Durch einen Rundbogen trat Ben vom Esszimmer in die Küche. Von dort aus führte eine Tür nach draußen auf die Terrasse und in den Garten. Das Verwunderliche daran war, dass die Tür offen stand. Gleich beim Hereinkommen war Ben aufgefallen, dass die Luft frisch und nicht abgestanden war, wie es in einem Haus, das über Tage niemand betreten hatte, typisch gewesen wäre.

Als Ben in die obere Etage ging, knarrten die alten Holzstufen. Irgendwo da draußen war ein Wahnsinniger, der es auf ihn und seine Familie abgesehen hatte. Es musste einen Grund dafür geben. Jedenfalls schien alles, was geschah, von langer Hand geplant zu sein. Er konnte jeden Winkel des Hauses nach Nicole und Lisa absuchen, er würde sie nicht finden. Es war offensichtlich, dass sie nicht mehr hier waren. Doch Nicoles Auto stand vor der Tür. Welche Schlussfolgerung sollte er daraus ziehen? Es gab nur die eine: Der Irre hatte Nicole und Lisa schon in seiner Gewalt, und er war zu spät gekommen. Bens Atem ging schnell und flach. Er glaubte, jeden Moment durchdrehen zu müssen.

Spätestens jetzt war klar, dass er es alleine nicht schaffen würde, Nicole und Lisa zu retten. Sie waren weg, und er wusste nicht, wo er nun nach ihnen suchen sollte. Er musste jetzt Viktor um Hilfe bitten. Alles in ihm sträubte sich dagegen, aber es ging nicht mehr anders. Viktor hatte ihm Nicole weggenommen. Ben hingegen hatte sich Viktor gegenüber loyal verhalten, damals, vor vierzehn Jahren, als er in einer ähnlichen Situation Berlin in einer Nacht-und-Nebel-Aktion verlassen hatte und nach Hamburg gezogen war, weil er niemals seinen besten Freund hintergangen hätte.

Veronika war zweiundzwanzig Jahre alt gewesen, Italienerin und Vollwaise, als Viktor sie gegen den Willen seiner damals noch lebenden Eltern heiratete. Soweit sich Ben erinnerte, war es das erste und einzige Mal gewesen, dass Viktor nicht das getan hatte, was seine Eltern von ihm verlangten.



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