Der Thron der Welt by Robert Lyndon

Der Thron der Welt by Robert Lyndon

Autor:Robert Lyndon
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Tags: Historischer Roman
ISBN: 9783644211513
Herausgeber: Rowohlt Digitalbuch
veröffentlicht: 2013-01-15T23:00:00+00:00


Zwei Tage später hielt der Wind immer noch an, und Vallon begann zu fürchten, dass sie bald auf Küstenfelsen stoßen würden. «Norwegen kann nicht mehr weit sein», sagte er zu Raul. «Sorg für eine Bugwache.»

Gegen Abend flaute der Wind ab, und im Westen tauchte kurz die Sonne auf. Später waren durch eine Wolkenlücke hindurch die blinkenden Sterne im All zu sehen. Irgendwo hing ein Geistermond. Es war spürbar kälter geworden.

Als Vallon die nächste Wache antrat, nahm der Wellengang etwas ab, und der Himmel im Norden war klar. Er suchte den Polarstern und fand ihn beinahe über dem Schiff. «Hero.»

Hero spähte unter dem Beiboot heraus.

«Stell unsere Position fest, wenn du es schaffst.»

Hero versuchte ein Dutzend Mal, eine Peilung zu machen. «Das klappt nicht. Das Schiff stampft zu sehr.»

«Und was schätzt du?»

Hero musterte den Polarstern. Dann betrachtete er den Horizont. «Wir sind viel weiter nördlich, als wir sein sollten.»

«Wie weit?»

«Ich weiß nicht. Fünfhundert Meilen. Vielleicht auch mehr.»

«Das ist unmöglich.»

«Ja, Herr. Ich versuche es noch einmal, wenn sich das Meer beruhigt hat.»

Hero legte sich wieder schlafen. Vallon schaute zum Polaris hinauf. Der Stern stand viel höher als in der Nacht, in der sie von Island aufgebrochen waren. Wie eine endlose Tierherde mit weißen Mähnen rollten die Brecher nordwärts. Die Shearwater war länger als drei Tage vor dem Wind gefahren. Sie konnten tatsächlich leicht fünfhundert Meilen zurückgelegt haben. Vallon starrte über die Wellenkämme. Wo also war Norwegen?

Die Nacht verging, und im Osten breitete sich eine schwache Helligkeit aus. Die Dünung wurde schwächer, und nur noch ab und zu trugen die Wellen eine weiße Schaumkrone. Vallon musterte seine geschwollenen Finger. Er betastete seine aufgerissenen Mundwinkel und massierte sich die tränenden Augen. Die anderen tauchten mit fleckigen, abgezehrten Gesichtern auf, die Kleidung voller Schimmelflecken, nach Nassfäule stinkend. Raul sah aus wie der Bewohner eines Pesthauses – der Mund schwärzlich verschorft, die Augen blutgeädert, eine abscheuliche Eiterbeule auf der Stirn. Sogar Syth erinnerte an eine Vogelscheuche. Zuletzt kamen die Mönche an Deck, Kinn und Habit mit Erbrochenem verschmiert.

Alle gingen leicht schwankend an Deck herum. Raul stand im Bug und kaute an einem Trockenfisch, auf den er etwas Butter gestrichen hatte. Mit einem Mal bekam er einen Hustenanfall. Vallon klopfte ihm auf den Rücken, und Raul spuckte ein Stück zerkauten Kabeljau aus.

«Schiff», keuchte er und deutete südwärts.

Die anderen kamen hastig herüber. «Das ist Helgis Segler», sagte Wayland.

Vallon bohrte sich den Zeigefinger ins Ohr, als habe er nicht richtig verstanden. «Bist du sicher?»

Gleichmütig sagte Wayland: «Ich erkenne den Flicken auf dem Segel wieder.»

«Meinst du, sie haben uns gesehen?», fragte Hero.

«Bestimmt.»

«Er fährt weiter», sagte Raul.

«Dann folge ihm.»

Der Tag klarte auf, grelle Sonnenstrahlen blitzten zwischen Wolkenlücken hindurch. Kreischende Möwen begleiteten das Schiff, und Vallon entdeckte Treibholz im Wasser. Im Süden lag unveränderlich eine blasse Wolkenbank.

«Das muss Norwegen sein.»

Raul spähte mit entzündeten Augen zur Sonne hinauf. «Das ist die falsche Richtung. Norwegen müsste östlich von uns liegen.»

Vallon musterte noch einmal genau den Sonnenstand und schaute wieder zu dem Land hinüber. «Hero, bring deinen Zauberfisch.»

Hero stellte den Kompass auf die Ruderbank, und alle beobachteten, wie sich die Nadel drehte und schließlich beruhigte.



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