Der Tag, an dem mir das Leben schrieb by Nancy Salchow

Der Tag, an dem mir das Leben schrieb by Nancy Salchow

Autor:Nancy Salchow
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: neobooks
veröffentlicht: 2014-06-06T04:00:00+00:00


*

In der Luft liegt eine Mischung aus Raps, Pferdemist und Flieder. Typische Landluft, wie ich sie liebe. Landluft, wie ich sie von zu Hause kenne. Umso dankbarer bin ich dafür, dass unser Treffen nicht direkt in der Stadt, sondern kurz vor Rostock stattfindet.

Er parkt den Wagen direkt unter der gewaltigen Eiche, die einlädt und zugleich einschüchtert.

„Und du bist dir sicher, dass ich nicht mit reinkommen soll?“ Bastian betrachtet mich von der Seite. Doch ich erwidere seinen Blick nicht, weil ich weiß, dass ich ihn dann bitten werde, doch mitzukommen.

„Ich bin sicher“, antworte ich stattdessen, eine Hand bereits auf dem Türgriff. „Am Ende denken sie noch, ich habe Schiss alleine und brauche einen Aufpasser.“

Er schiebt den Zeigefinger unter mein Kinn und zieht es sanft zu sich. Unweigerlich wandert mein Blick zu seinem.

„Trotzdem“, sagt er. „Es bleibt dabei, dass du mir eine SMS schreibst, sobald du einen Überblick hast, wie es da drin aussieht.“

„Bastian!“

„Ich meine, damit ich weiß, dass alles okay ist.“

Ich lächele ungläubig.

„Die Alternative ist, dass ich mit reinkomme.“ Er zwinkert mir zu.

„Ist ja schon gut.“ Ich hauche ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. „Ich melde mich, versprochen.“

„Und lass es mich wissen, wann ich dich abholen soll.“

„Wird erledigt, Chef.“ Ich lache leise, obwohl ich innerlich vor Nervosität überzukochen scheine. Eine Nervosität, die mir den Atem raubt und die ich gleichzeitig dankbar willkommen heiße. Wann war ich das letzte Mal derart positiv aufgeregt, dass ich bei einer Fahrt von gerade mal fünfundvierzig Minuten ganze drei Pinkelpausen einlegen musste? Kein Wunder, dass Bastian unbedingt mitkommen will.

Seine Fürsorge bringt mich noch immer zum Lächeln, selbst als ich bereits ausgestiegen und auf dem Weg zum von Lola beschriebenen Hoftor bin.

Nummer 35.

Ein unscheinbares Haus, besser gesagt eine Hälfte davon, in dessen Auffahrt ein leicht rostiger, weißer Polo parkt.

In augenscheinlich selbstbewussten Schritten, die sich krampfhaft darum bemühen, meine Unsicherheit abzuschütteln, gehe ich den gepflasterten Weg entlang, bis ich die weiße Eingangstür erreiche.

Bachmann steht auf einem unscheinbaren Namensschild unter der Klingel.

Ein letzter Atemzug.

Wie war das noch? Kopf aus, Herz an.

Ein.

Aus.

Ein.

Aus.

Ich klingele.

Schon wenige Augenblicke später sehe ich einen Schatten im schmalen Glasstreifen der Tür näherkommen.

Als sich die Tür öffnet, haben meine Gedanken jedoch wenig Zeit, sich erneut ineinander zu verkeilen.

Zwei funkelnd grüne Augen blitzen mich durch den Türspalt an, der sich langsam vergrößert.

„Du musst Nancy sein“, jubelt eine junge Frau, scheinbar in meinem Alter, während sie mich fröhlich durch die Fransen ihres feuerroten Kurzhaarponys anblinzelt.

Ich nicke. „Ja, die bin ich. Überpünktlich wie die Maurer.“

Sie lacht. „Supi. Ich war schon voll gespannt.“

Supi? Voll gespannt? Ob sie doch jünger ist?

Ich erinnere mich an ihre Mail. Da erwähnte sie etwas von 32, also nur ein Jahr jünger als ich.

„Ich auch“, antworte ich freundlich. Und ich meine es.

„Die anderen sind schon hinten und freuen sich tierisch, dich kennenzulernen.“

Um ihre Augen nehme ich flüchtig ein paar Falten wahr. Falten, die nicht so recht zu ihrer Ausdrucksweise passen wollen.

„Die anderen?“

„Ja.“ Sie strahlt. „Kasimir und Daniel, Gitarre und Bass.“



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