Der Sturm der Normannen: Roman (Die Normannensaga) by Ulf Schiewe

Der Sturm der Normannen: Roman (Die Normannensaga) by Ulf Schiewe

Autor:Ulf Schiewe [Schiewe, Ulf]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Belletristik, Historische Romane
ISBN: 9783426426500
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2016-11-24T23:00:00+00:00


Gilbert muss sich stellen

Was wollte sie von dir?«, fragte Thore.

»Ach, nichts von Bedeutung.«

»Für nichts von Bedeutung hat es aber lange gedauert.« Etwas pikiert sah er mich von der Seite an, doch ich war noch zu verwirrt, um über Sichelgaita und über das, was sie angedeutet hatte, reden zu wollen, selbst mit Thore, dem ich sonst alles anvertraute.

Wir hatten unsere Reise wieder aufgenommen, und die Pferde trabten gemächlich durch die Weingärten, Olivenhaine und abgeernteten Weizenfelder der zwischen Bergen und Meer gelegenen Ebene. Ich blieb lange schweigsam, denn das seltsame Gespräch beschäftigte mich mehr, als mir lieb war. Irgendwie kam ich mir benutzt vor. Ich wusste nur nicht, zu welchem Zweck.

Nach Sichelgaitas Worten zu schließen, hätte sie Onfroi lieber heute als morgen vom Thron gestoßen und durch Robert ersetzt. Und dann diese Andeutungen über eine Vermählung mit Gaitelgrima! Natürlich war ihre Tante bei den Lombarden des Westens eine beliebte und hochgeachtete Prinzessin und die Schwester des berühmten Prinzen Guaimar. Und für jeden Fürsten eine begehrenswerte Verbindung. Deshalb hatte Onfroi sie ja auch geheiratet, um seiner Grafschaft Glanz und Ansehen zu verleihen. Doch wenn Gaitelgrima jetzt davon träumte, Robert zu ehelichen, so waren das nicht mehr als die Wunschträume eines irregeleiteten Weibes und fern jeder Wirklichkeit. Ich konnte nicht verstehen, warum die junge Sichelgaita sich damit beschäftigte und mit mir darüber reden musste. Der Contessa dürfte es peinlich sein, wenn sie wüsste, dass ihre Nichte mir derartige persönliche Sehnsüchte verriet. Und doch kam es mir so vor, als ob eine Absicht dahintergesteckt hatte.

Zumindest hatte ich mit meiner Reise einiges in Erfahrung gebracht. Dass Guillerm ganze Landstriche verwüstete und hungernde Bauern von der Scholle vertrieb, um Gisulf zu schaden. Dass der Prinz ein verstockter Esel war, aber dass mit Guidos und Sichelgaitas Einfluss eine Einigung vielleicht doch noch im Rahmen der Möglichkeiten lag. Dass viele uns Normannen hassten, aber dass es auch andere gab, die uns offen gegenüberstanden. Dass man sich Robert als Grafen von Apulien wünschte, und dass Gaitelgrima irgendetwas im Schilde führte. Mit der stillschweigenden Unterstützung ihrer schönen Nichte.

Bei unserem ersten Nachtlager verteilte ich das Gold, das Guido mir für die Kameraden übergeben hatte. Dabei machte ich keinen Unterschied zwischen denen, die damals dabei gewesen waren, und den anderen. Mit der Beute von Cosenza und Guidos Gold war für die Männer einiges zusammengekommen. Hamo meinte, er hätte nun genug, um in Argentano ein Haus für sich und seine Liebste zu kaufen. Und Rollo hatte vor, ein zweites Schlachtross zu erwerben, statt das Geld wie üblich zu verspielen.

Schließlich, an einem späten Nachmittag in der Mitte des Monats Juli, waren wir zurück in Melfi. Die Wachen am Stadttor beäugten uns misstrauisch, ließen uns aber durch, denn es war die Regel, dass Melfi für alle Barone und ihr Gefolge offen war. Wir ritten langsam durch die geschäftigen Gassen. Einige, die mich erkannten, grüßten. Aber eher unauffällig, als befürchteten sie, dabei gesehen zu werden.

Es war die Stunde, in der die Hitze des Tages erträglicher wurde und die Menschen wieder die Häuser verließen, um ihrer Arbeit nachzugehen, Handel zu treiben oder einzukaufen.



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