Der Sohn der Kleopatra by Bradshaw Gillian

Der Sohn der Kleopatra by Bradshaw Gillian

Autor:Bradshaw, Gillian
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Weltbild
veröffentlicht: 2014-02-10T16:00:00+00:00


8

Ani tat in dieser Nacht kein Auge zu.

Im Lager der Römer gab es kein richtiges Gefängnis, deshalb waren er und die anderen in der Nähe des Werkstattzeltes inmitten des Lagers untergebracht. Man hatte ihnen die Arme auf den Rücken gebunden, sie mit Stricken um den Hals an Pfosten im Boden gefesselt, und auch ihre Beine waren zusammengeschnürt. Alle neun lagen auf dem harten Boden, der sie jeden ihrer Blutergüsse erbarmungslos spüren ließ – und sie waren von der Verhaftung und dem brutalen Verhör alle grün und blau; allerdings hatte Ani als Anführer am meisten Schläge einstecken müssen. Sie waren entsetzlich durstig.

Aber schlimmer als die körperlichen Schmerzen war das Grauen ihrer Situation. Ani gingen die Schreie seiner Kinder, als die Römer gekommen waren, nicht aus dem Kopf. Während dieser Nacht sah er immer wieder, wie Serapion verzweifelt schluchzte und mit den kleinen Fäusten auf einen schwer gerüsteten Soldaten einschlug – sah, wie er beiseite gestoßen wurde und weinend auf der Kaimauer aufschlug – sah, wie der kleine Isisdoros mit strampelnden Beinen hoch in die Luft gehalten wurde, als ein in Eisen gehüllter Barbar, gesichtslos unter einem käferartigen Helm, ihn von der Soteria trug und das kreischende Kind auf den matschigen Boden fallen ließ.

Die Römer hatten den Männern auf dem benachbarten Boot befohlen, die Kinder und ihre Amme aufzunehmen. Die Männer hatten gehorcht. Er hatte sich mit jenen Nachbarn unterhalten, bevor die Römer gekommen waren, und sie hatten einen ganz ordentlichen Eindruck gemacht – aber ein wenig derb. Kohlenhändler seien sie, hatten sie gesagt, drei Brüder und ein Cousin. Was würden sie mit den Kindern anstellen? Was würde passieren, wenn Tiathres und Melanthe zurückkamen? Würden die Männer die Kinder an Tiathres aushändigen – oder würden sie alle behalten und als Sklaven verkaufen?

O ihr Götter, o geliebte Herrin Isis, nein. Nicht Serapion und den kleinen Dorion, nein, bitte, Isis: Ich gebe dir alles, aber bitte, beschütze meine Kleinen!

Und was würde aus Tiathres und Melanthe werden? Würden die römischen Soldaten, die am Boot warteten, sie respektvoll behandeln? Das erschien ihm nicht sehr wahrscheinlich. Beide waren hübsche Frauen, und die Römer würden sie für die Ehefrau und Tochter eines Feindes halten. Ani kniff fest die Augen zu und versuchte, die quälenden Gedanken an Vergewaltigung auszublenden. Das würde den Soldaten nicht erlaubt sein, redete er sich ein, nicht in einer Stadt, die am nächsten Tag den Römern die Treue schwören sollte. So etwas würde nur Ärger und Aufruhr schüren, und das wollte der General gewiss vermeiden. Die Soldaten würden Tiathres und Melanthe nichts antun. Und diese Kohlehändler waren offenbar anständige Leute. Gewiss würden sie die Kinder ihrer Mutter zurückgeben! Wahrscheinlich wären sie sogar erleichtert, sie wieder loszuwerden! Die Amme war völlig hysterisch gewesen und gewiss keine große Hilfe.

Aber was würden die Frauen und Kinder dann tun, verloren in einer fremden Stadt, ohne eine Möglichkeit, nach Hause zu kommen?

Er sagte sich, dass die Römer seine Angaben vermutlich überprüfen und zu dem Schluss kommen würden, dass er unschuldig war – aber er mochte das selbst nicht glauben. Die



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