Der Schwur des Wandlers by Lena Klassen

Der Schwur des Wandlers by Lena Klassen

Autor:Lena Klassen [Klassen, Lena]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Paranormal
veröffentlicht: 2014-09-25T22:00:00+00:00


Sieh es dir an, Kiara.

Ich wollte nicht, aber die Bilder waren da. Sie wollten kommen und sich zeigen. Verwandlung ist Schrecken. Verwandlung, das ist Gift und Gewalt und das Entsetzen eines Kindes, das verdammt ist …

Ich schlug die Tür zu. Schloss das Licht aus, das Licht aus dem Flur, und das leise Weinen dahinter.

Vorsichtig öffnete ich die Augen. Mir gegenüber saß mein Spiegelbild, ein junger Mann mit dunklem Haar. Er hatte das Gesicht abgewandt und lauschte auf etwas, das ich nicht hören konnte, und kam mir unerreichbar vor wie nie.

Ich schloss die Augen wieder, und sofort schlug die Verzweiflung über mir zusammen. Ich war Jacques und hatte die Briefe entdeckt. Es fühlte sich an, als wäre ich erschossen worden. Die Welt zerfaserte in unzählige Teilchen, die nichts mehr zusammenhielt. Die schwarzen Tiere schlichen auf leisen Sohlen durch die Nacht und verschlangen jedes Gefühl. Aber die Angst blieb. Die Angst ließ sich nicht fressen, sie war stärker, unbesiegbar wie ein Skorpion mit einem Panzer, den nichts aufbrechen konnte.

Die Dunkelheit des Abgrunds reichte tief. Tiefer als die Erde, tiefer als der Himmel. Dort wohnte die Angst. Niemand wird da sein. Niemand wird dich festhalten, wenn du fällst. Niemand wird dich auffangen. Selbst Gott hält mich nur mit den Fingerspitzen wie ein zappelndes Insekt und wirft mich gegen die Wand … Das hier ist nicht meine Welt. Es gibt keine Welt für mich.

Wint Alamar ist nur ein Traum.

Die schwarzen Tiere fraßen. Sie hörten nicht auf, alles zu verschlingen.

Es lohnte sich nicht zu kämpfen. Es war gleich, völlig gleich. Ob man lebte oder starb. Ob man vernichtete oder aufbaute. Ob man sich anstrengte oder aufgab. Ob man zeugte oder zerstörte.

Zorn blitzte auf, zwischen der Angst und der Verzweiflung, ein Zorn, der in der Lage war, die Wolken vom Himmel zu reißen und die Mauern einer Stadt zum Einsturz zu bringen. Die Welt zerfiel in Stücke. Ja, sollte sie. Denn es lohnt sich nicht, für irgendetwas zu kämpfen. Es war zu dunkel, um zu erkennen, was kaputtging, wenn man um sich schlug.

„Hör auf.“ Eine Hand fasste meine Schulter, rüttelte mich sanft. Ich hatte die Hände vors Gesicht geschlagen, ich wollte nichts sehen. „Hör auf, Kiara. Komm zurück. Es tut mir leid, ich wollte nicht … Es reicht. Komm zurück, es ist genug.“

Ich sollte zurückkommen? Wohin? Da war kein Weg und kein Licht. Da war nur … eine Stimme, die ich kannte. Vertraut. Eine leise, warme Stimme.

„Kiara.“ Immer wieder dieser Name. „Schau mich an. Das hier ist dein Gesicht. Schau mich an.“

Ein Mädchen. Ihre Haarfarbe war ungewöhnlich, rötlichbraun mit schwarzen Flecken. Eine grauweiße Strähne. Ein Gesicht wie ein Engel. Ein besorgter Engel.

„Kiara. Du musst zurückkommen.“

„Kiara“, wiederholte ich leise.

„Denk daran, wie ich dich liebe. Denk daran, wie sehr Jacques Kiara liebt.“

Die Briefe an Alec. Verzweiflung. Das Gefühl, tot zu sein. Hilde an meinem Bett, die Vorhänge zu.

Nein. Die Liebe. Ein Mädchen, das sich nicht abwendet. Ein gestohlener Kuss. Ein Mädchen, das sich anschmiegt, das mich umarmt. Die Welt ist nicht dunkel. Ich muss nicht sterben. Ich will nicht mehr sterben.



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